Asphalt-Cowboy mit Charme.




Das SUV-Segment im Premiumbereich ist unaufhaltsam am Wachsen, und es wird geprägt von den gleichen Mitspielern, die auch den Markt für Limousinen dominieren. Alternativen sind rar gesät… Der Cadillac XT5 könnte so eine Option sein. Die Frage aber bleibt, bewegt sich der Ami auf Augenhöhe mit den Deutschen?

 

Markierte der mit grobem Strich gezeichnete SRX wohl die Talsohle des Cadillac-Designs der letzten Dekade, so fügt sich der XT5 nicht nur in die aktuelle Formensprache ein, er führt sie in wichtigen Punkten auch weiter. Das gilt für die neuartigen, gleichzeitig beim CT6 eingeführten Scheinwerfer und den einprägsamen Kühlergrill ebenso wie für die recht komplex modellierte Flanke und das markant eingezogene Heck.

 

Nochmals eindrucksvoller ist der Sprung in das Interieur. Das formale Thema des Ami-Cockpits mit einer schmalen, horizontalen Leiste von Luftausströmern ist sehr modern, und es harmoniert hervorragend mit den geschmackvollen, teils ungewöhnlichen Farb- und Materialwelten, die den neuen Cadillac XT5 an die Spitze des Segments katapultieren. Ein schöneres und sorgfältiger gearbeitetes Ambiente gibt es in dieser Klasse eigentlich nirgendwo sonst...

 

Mit einigen betrüblichen Ausnahmen: Die Plastikhebel zum Verstellen der Rückbank und das verbaute Laderollo verströmen weder Eleganz noch Qualität. Und die graphischen Ikonen des Infotainment-Systems CUE sind stilistisch veraltet. Zudem verkleinert sich die Darstellung von Karten für eine gefühlte Ewigkeit auf die Größe eines Schlitzes, sobald die digitalen Bedienmenüs auftauchen. Und das passiert automatisch, wenn man mit der Hand in die Nähe des Bildschirms kommt. Unerklärlich auch, dass der Schalter für die Fahrmodi nur verzögert reagiert.

 

Der 3,6-Liter V6-Motor des XT5 ist eine Neukonstruktion; das 314 PS Aggregat verfügt über eine unmerklich operierende Zylinderabschaltung und ist an eine 8-Stufen-Automatik gekoppelt. Vorderradantrieb ist Serie, Allrad gibt es jedoch nur gegen Aufpreis. Das Allradsystem ist mit einer Trennkupplung ausgerüstet, der Hinterradantrieb abschaltbar; das vom Zulieferer GKN entwickelte System entspricht dem des Range Rover Evoque. Das funktioniert wirklich gut, aber nicht so gut wie das ähnlich konzipierte Ultra-Quattro-System von Audi, das in allen Versionen des kommenden Q5 dann im Einsatz ist.

 

Dank seines gegenüber dem Cadillac SRX um mehr als 130 Kilogramm abgesenkten Gewichts ist der XT5 adäquat motorisiert, nach über 300 PS fühlt sich der Antrieb allerdings nicht an. Denn die Fahrgewohnheiten und Erwartungen haben sich durch moderne Turbomotoren verschoben; diese liefern schon bei niedrigen Drehzahlen mächtig Schub. Der neue Sechszylinder-Saugmotor des Cadillacs muss hingegen voll ausgedreht werden. Dabei sind die Fahrleistungen objektiv mehr als ausreichend; der Spurt von 0 auf 100 km/h dauert gerade mal 7 Sekunden.

 

Das Fahrwerk wird mit dem Antrieb des Cadillac XT5 auch nicht wirklich überfordert; es verfügt über einen im direkten Vergleich zum alternden SRX deutlich höher liegenden Grenzbereich, ist aber trotzdem deutlich komfortorientiert ausgelegt. Wenn das neue SUV an die Haftungsgrenze gelangt, greift die Stabilitätskontrolle relativ abrupt ein; spürbarer Tadel erfolgt außerdem auch per Gurtstraffer, welcher den übermütigen Fahrer unbarmherzig im Sitzmöbel fixiert.

 

Obwohl der Cadillac XT5 in der Summe seiner Eigenschaften mit der etablierten Konkurrenz aus Deutschland gleichzieht und sie in Ambiente und Designqualität sogar teilweise übertrifft, dürfte ihm jedoch größerer Markterfolg in Europa versagt bleiben. Denn die Nachfrage nach SUV mit konventionellen Ottomotoren ist in ganz Europa vernachlässigbar... Ohne Turbomotoren, im Idealfall auch die Option auf einen Diesel, wird dieses Premium-SUV kaum über den Status eines Geheimtipps für reine Individualisten hinauskommen. Doch wer jedoch der üblichen Mischung aus Langeweile und Protz, die das Segment prägt, überdrüssig ist, sollte sich diesen neuen Amerikaner trotzdem einmal genauer anzusehen. In Deutschland kommt er Mitte des Jahres erst auf den Markt. (ampnet/TX)