Audi Q7 e-tron: Ingolstädter mit Zukunftssinn!


Es könnte als eine Art Trotzreaktion gewertet werden, wenn eine VW-Konzernmarke gerade jetzt ein innovatives Antriebskonzept mit Diesel vorstellt. Aber natürlich haben Produktneuheiten eine dermaßen lange Vorlaufzeit, dass der Audi Q7 e-tron nicht als Schnellschuss auf die in aktuelle Selbstzünder-Debatte gesehen werden sollte.

Audi Q7 e-tron

Ressourcenschonung, Effizienzsteigerung, Abgasminderung, dies sind die hehren Ziele, die Hersteller von Hybridautos als Motivation für deren Entwicklung angeben. Über das Eigeninteresse wird weniger geredet. Die Pkw-Hersteller müssen in Europa bis 2020 einen Flottenverbrauch von höchstens 4,1 Litern Kraftstoff nachweisen, sonst hagelt es Bußen. Ein Audi Q7 e-tron, der nach dem NEFZ-Regelwerk mit nur 1,7 Litern im Mittel vom Rollenprüfstand fährt, passt da sehr gut ins Konzept.

 

Die europäischen Kunden des Q7 e-tron werden voraussichtlich auf ihren täglichen Fahrten zur Arbeit oder zum Einkaufen, zum Sport oder in den Urlaub bis zu 6,5 Liter Kraftstoff je 100 Kilometer in ihrem elektro-unterstützten V6-Diesel verbrennen. Dort lagen jedenfalls die Ergebnisse einer knapp 100 Kilometer langen Presse-Testfahrt über Landstraßen und Autobahnen, mit einigen Steigungs- und Gefällstrecken. Für einen 2,5-Tonner mit Allrad ist das kein schlechter Wert. Für Märkte außerhalb der EU soll später ein Vierzylinder-Benziner folgen.

 

Außer Range-Rover, die ihren Diesel-Hybrid nicht an der Dose aufladen können, bietet nur Audi ein Allrad-SUV mit der direkten Kombination aus E-Maschine und Selbstzünder an. Beide Aggregate zusammen bringen es auf eine Systemleistung von 373 PS, was das SUV nach Einstellung von V8- und V12-Diesel als stärkstes Modell der Baureihe ausweist. Das max. Drehmoment von 700 Nm macht ihn zum Sprinter, der es in 6,0 Sekunden von null auf 100 km/h bringt. Die Höchstgeschwindigkeit wird mit 225 km/h angegeben. Rein elektrisch, wenn das SUV im Fahrmodus „EV“ bewegt wird, sind 125 km/h Spitze möglich. Da der Kraftstofftank mit 75 Litern genauso groß ist wie bei konventionellen Varianten, sollen laut Hersteller pro Füllung bis zu 1.400 Kilometer möglich sein.

 

Der elektrische und damit emissionsfreie Aktionsradius interessiert die Kunden aber oft mehr, denn auch sie wissen, dass mehr als drei Viertel aller Fahrten weniger als 50 Kilometer lang sind. Bei voller Batterie soll der Audi Q7 e-tron 56 Kilometer ohne einen Tropfen Sprit fahren können. Dazu befähigt ihn ein Lithium-Ionen-Akku, der aus 168 Zellen besteht und unter dem Ladeboden über der Hinterachse sitzt. Er arbeitet mit einer Betriebsspannung von 308 Volt, hat eine Kapazität von 17,3 kWh und sein Thermo-Management übernimmt ein absolut eigener Kreislauf. Zusätzlich hat Audi noch ein System integriert, dass die Abwärme der E-Anlage für die Beheizung des Innenraums nutzt.

 

Da allein die Batterie 202 Kilogramm wiegt, bringt die gesamte E-Anlage inkl. Steuerungselektronik und Nebenaggregaten 375 Kilo Mehrgewicht ins SUV. Laut Zulassung drücken die Testwagen mit 2.520 Kilogramm auf die Waage. Gut eine halbe Tonne mehr als der Sechszylinder-Diesel ohne Elektrifizierung im Datenblatt stehen hat. Für das volle Nachladen an der Haushaltssteckdose muss noch immer ordentlich Zeit eingeplant werden, am besten man schließt den e-tron über Nacht an. Auf Wunsch liefert Audi den Kunden eine 7,2 kW-Ladesäule für die Garagenwand, die die anfallende Zeit auf etwa gut ein Drittel verkürzen kann.

 

Erstaunlich, dass das hohe Gewicht im Fahrbetrieb nicht auffällt. Recht behände zieht der quattro-Antrieb die Fuhre nach vorn, die leichtgängige Lenkung dirigiert das SUV gradlinig durch die Spuren, die Seitenneigung in zügig durchmessenen Kurven ist gering. Genauso wie die Geräusche, selbst wenn beim starken Beschleunigen im Hybrid-Modus der Diesel zuschaltet und seine Kraft für Zwischenspurts zum Überholen einsetzt. Die gewohnt hohe Sitzposition schafft Überblick.

 

Damit der Pilot jederzeit vollständig über die Betriebszustände informiert ist, hat Audi diesem Q7 das virtuelle Cockpit spendiert, das bei anderen Modellen nur als Sonderausstattung zu haben ist. Wer das Kommando im Cockpit hat, kann zudem den Stromvorrat einfrieren und auf reinen Dieselantrieb umschalten oder die Nachladung veranlassen.

 

Die ebenfalls serienmäßige MMI-Navigation Plus, die mit dem Internet-Baustein Audi Connect ausgestattet ist, bietet eine weitere Innovation: Sie nutzt in einer Routenführung die Daten für das Hybridmanagement, „kennt“ also das Streckenprofil, bevor der Fahrer es sieht und kann so Hinweise für das Fahrverhalten geben. Folgt z.B. hinter einer Kuppe eine Gefällstrecke, sind Ortseinfahrten, scharfe Kurven oder Abzweigungen voraus, rät der prädiktive Effizienzassistent mit einem optischen Hinweis im Display vom Pedal zu gehen, wenn es zum Kraftstoffsparen sinnvoll ist. Zugleich pulst das aktive Fahrpedal einmal gegen die Fußsohle des Fahrers und mahnt so zu effizienter Fahrweise.

 

So viel ausgefeilte Technik hat ihren Preis. In Deutschland werden die Kunden, für die im Frühjahr 2016 die ersten Q7 e-tron geliefert werden sollen, mindestens 80.500 Euro aufbringen müssen. Das sind immerhin 20.000 Euro mehr, als für den 272 PS starken V6-TDI zu veranschlagen sind. Außer Navi-System und virtuellem Cockpit bringt der e-tron noch LED-Scheinwerfer sowie 19 Zoll-Alufelgen serienmäßig mit.

 

Nach und nach will Audi für jede Baureihe einen Plug-in-Hybriden ins Programm nehmen. Die Markteinführung des auf der IAA präsentierten und rein elektrischen e-tron quattro concept ist für 2018 vorgesehen. Gleichzeitig treiben die Ingolstädter die Entwicklungen anderer Konzepte voran. Ein Audi A7 mit Brennstoffzellen-Antrieb fährt sich, von kleinen akustischen Ungereimtheiten abgesehen, schon wie in Serie, auch die CO2-basierte Kraftstoff-Herstellung geht weiter. (ampnet/SW)