Auf den Punch kommt es an.




Mit dem DBS Superleggera stößt die britische Traditionsmarke Aston Martin in neue Regionen vor. Und das gleich mehrfach: Was Fertigung und Verwendung neuer Werkstoffe angeht, was das anvisierte Klientel und was das Preisniveau angeht. Um die 300.000 Euro sollte man schon locker machen können, um einen Superleggera zu kaufen.

 

Auch wenn der schön klingende Begriff „Superleggera“ für italienische Sportwagen abonniert zu sein scheint, so gehört die Bezeichnung seit fast 60 Jahren zu Aston Martin. Das Modell DB 4 wurde als erstes damit garniert, eine Erscheinung, die mittels überbordender Motorleistung und kompromissloser Leichtbauweise die Maßstäbe im Supersportwagenbau zugunsten der britischen Edelschmiede verschob. Etwa 10 Jahre später galt der DBS als schnellster serienmäßig gefertigter Viersitzer der Welt.

 

Pompös inszenierte Auftritte ist man von Dr. Andy Palmer, seit 2014 Chef der Luxus-Manufaktur, nicht gewohnt. Obwohl das Roundhouse einen authentischen Rahmen dafür geboten hätte, ließ der Manager bei wohlgesetzten Worten und bescheidener Gestik das Produkt wirken, das neben ihm in gleißendem Weiß die Blicke fesselte. Pferdestärken, so ließ der gelernte Ingenieur die handverlesenen Kunden und PR-Vertreter wissen, seien nicht das ausschlaggebende Kriterium zur Bemessung einer Sportwagenperformance. Leicht gesagt bei 725 PS. Entscheidend, so Dr. Andy Palmer, sei der „Punch“ und ließ fotowirksam die geballte Faust auf die andere Handfläche klatschen. Das richtige Vokabular fand der Firmenlenker in „überwältigend“ und „atemberaubend“.

 

Ohne dass es Fahreindrücke gibt, kann man getrost davon ausgehen, dass der angesprochene Boxhieb in der Realität eher als Tritt ins Kreuz wahrgenommen wird. Gewaltige 900 Nm Drehmoment entfesselt der 5,2 Liter große V12-Motor, der zwar ohne AMG-Beteiligung, aber trotzdem in Deutschland zum Leben erweckt wurde. Dieser Wert katapultiert diesen Briten in 3,4 Sekunden aus dem Stand auf 100 km/h. Bietet die Strecke keinen Anlass zu vorzeitigem Bremsen, schiebt der V12 bis 337 km/h an.

 

Damit es mit der Leichtigkeit ebenso klappt wie mit dem „Punch“, hat Aston Martin die Karosserie aus Karbonverbundwerkstoff gefertigt, die von einer geklebten Aluminiumstruktur getragen wird. Das ist teuer, aber effizient. So ein V12 kann schnell seine 280 kg oder mehr wiegen, so dass man gut daran tut, anderswo Gewicht einzusparen. Offiziell gibt der Hersteller die Leermasse des Objekts mit 1.693 kg an, ohne Kraftstoff, Kühlwasser, Öle und andere notwendige Flüssigkeiten. Heißt: Fahrbereit sollte die Waage also etwa 1.800 kg anzeigen. Da der Motor hinter der Vorderachse und das Getriebe an der Hinterachse eingebaut sind, ergibt sich eine fast ideale Gewichtsverteilung von 51:49 Prozent.

 

Konstruiert ist der DBS Superleggera in der Erblinie hochdynamischer Grand Tourer, wenngleich der unbedarfte Zuschauer auf Anhieb erkennt, dass auf den hinteren Plätzen der flachen Kabine keine Menschen richtig sitzen können. Der markentypische Hexagonalgrill ist per Wabenstruktur verschlossen, die allerdings nicht kaschieren kann, wie groß die Atemnot des mächtigen Doppelturbo-Triebwerks ohne sie wäre. Damit die Luft am anderen Ende des Coupés nicht einen unerwünschten Effekt erzeugt, sorgen Spoilerlippe und Heckdiffusor für Abtrieb. Bei Maximaltempo wird die Antriebsachse mit 180 kg zusätzlich an den Boden gepresst. Durch das zum Heck hin spitz zulaufende Dach, erscheint die Spurweite hinten breiter als vorn und lässt die ausgestellten Radhäuser muskulöser sein.

 

Die zur Auslieferung anstehenden Exemplare werden naturgemäß einen hohen Individualisierungsgrad aufweisen und mutmaßlich weit mehr als 300.000 Euro kosten. Hochwertiges Leder, bei Bedarf Holz oder Karbon, Kontrastnähte und Polsterstickereien verstehen sich hier...

 

Die über alle Zweifel erhabenen Fahrleistungen dienen nicht in erster Linie dazu, die Rundenzeiten möglicher Konkurrenten zu toppen, es zu können, wenn es nötig sein sollte reicht. Bei geringer Last sorgt die neue Zylinderabschaltung dafür, dass nicht mehr Benzin als unbedingt nötig durch die Leitungen fließt. Wird der V12 gefordert, können es zwischen 16 und 18 Litern werden. Bei der Klientel ist dies jedoch völlig unwichtig.

 

Ein erlauchter Kreis von Dauerkunden der Marke konnte diesen neuen Aston Martin DBS Superleggera schon vor der offiziellen Weltpremiere in Augenschein nehmen, und den Kaufvertrag unterschreiben, wenn ihnen der Sinn danach stand. Nicht offiziell, aber aus zuverlässiger Quelle ist zu erfahren, dass dies allein in der Schweiz von einer zweistelligen Zahl von betuchten Enthusiasten direkt wahrgenommen wurde. (ampnet/TX)