Ausnahmezustand am Comer See.




Ausnahmezustand in Cernobbio: Bekleidungsgeschäfte der Kleinstadt legen Panama-Hüte in die Auslage, viele Buchläden locken Kunden mit Bildbänden über historische Pkw. PS-gesättigte Kolonnen schlängeln sich im Schritttempo die Uferstraße am Comer See entlang. Auf dem Anwesen der Villa d'Este tagt wieder einmal der Concorso d'Eleganza.

 

Vor 89 Jahren fand die Veranstaltung zum ersten Male statt, was damals faszinierende Neuwagen waren, sind heute nicht weniger faszinierende Oldtimer. Doch Neuwagen gibt es immer noch, sogar solche, die es gar nicht gibt: Prototypen und Konzeptfahrzeuge machen einen erheblichen Teil der gezeigten Preziosen aus. Vor allem geht es allerdings um eines: Schönheit. Das Publikum stimmt mit ab und vergibt den Coppa d'Oro, den goldenen Pokal, den das optisch und emotional ansprechendste Fahrzeug, das schönste im Reigen der Schönen gewinnt.

 

Eine dicke Menschentraube hat sich um ein rotes Objekt versammelt, es klicken Kameraauslöser, nur ganz vereinzelt ist zwischen den Menschen etwas  zu sehen. Keinen Steinwurf entfernt stehen Rolls-Royce und ein Packard aus den 1930iern, ein Ferrari GTO, ein bildschönes Corvette-Coupé, mehrere Jaguar und Bugatti, die viel weniger Neugier erzeugen. Dann offenbart sich schließlich die Anziehungskraft des kleinen Coupés, es ist ein Alfa Romeo 33/2 Stradale aus dem Jahr 1968. Eine Schönheit!

 

Etwas abseits verfolgt Albert Spiess das Schauspiel mit einer Mischung aus Stolz und Vergnügen. Ihm gehört der Zweisitzer, und er kann sicher sein, dass das Publikumsvotum seinen Italiener nicht ganz unverdient getroffen hat. Der Alfa Romeo 33 Stradale ist nicht nur ein erfolgreicher Rennwagen gewesen, sondern der Wagen zählt zu den gelungensten Kreationen der Marke. Harmonie im Design, Leistung auf der Straße und aus heutiger Sicht unvergleichliche Exklusivität vereinigen sich in diesem Sportwagen. Dass das rote Coupé einen Achtzylinder-Motor mit 230 PS besitzt, und 260 km/h lief, spielt vor Ort so gar keine Rolle.

 

Nur acht Stück sind davon je gebaut worden. „Unverkäuflich“, sagt Albert Spiess und wehrt damit jeden Versuch ab, den Wert zu taxieren. Doch wenn die Aussage zutrifft, die einem deutschen Besitzer solch eines Alfa Romeo zugeschrieben wird und der unmittelbar nach der Prämierung davon erfuhr, dann bekommt man eine Idee, welche Werte im Park am Seeufer versammelt sind. „Unter 30 Millionen würde ich meinen nicht weggeben“, soll der Eigner gesagt haben. Ein realistischer Wert! (ampnet/SW)