Avantgarde im Mainstream.




Es ist gar keine einfache Entscheidung, ein avantgardistich gezeichnetes Fahrzeug in den Massenmarkt zu bringen. Oft setzen sich die Bedenken durch, ein Blick auf die Masse der langweiligen, fast gleichen Fahrzeuge genügt. Hyundai hat einen anderen Weg gewählt, und versucht mit der vierten Generation des Tucson ein Design-Statement zu setzen.

 

Der gefälligere Auftritt, der die ersten drei Generationen prägte, ist einer futuristischen Außenhaut gewichen, die viele neuartige Elemente sowie Proportionen aufweist. Dazu zählt vor allem die große Kühlermaske, die sich als homogene schwarzglänzende Fläche präsentiert. Wird etwa das Tagfahrlicht eingeschaltet, erstrahlen die jeweils fünf äußeren Elemente in kaltem Weiß, wie die Schwingen eines Engels. Bemerkenswert sind auch diese kantigeren Radausschnitte, inspiriert vom Designer Marcello Gandini, sowie die coupéhafte Dachlinie. Und selbst wer wenig Sinn für automobilhistorische Zitate hat, kann sich an der perfekten Verarbeitung erfreuen, etwa an der Heckscheibe, wo das Logo völlig glatt eingefasst ist und der Wischer im Dachspoiler verschwindet. Gezeichnet wurde der neue Tucson von einer Frau, von Seung Yeon Kim.

 

Auch im Interieur wird Außergewöhnliches geboten. Das Cockpit wird von zwei präzisen Linien geprägt, die direkt aus der Seitenverkleidung kommen, über die Instrumentierung laufen und die zentrale Konsole gut einfassen. Das Cockpit verfügt ab der Ausstattung „Select“ über keine konventionelle Hutze mehr, die ganze Belüftung strömt durch schmale, versteckte Schlitze. Die Instrumentierung ist dann digital ausgeführt; sie lässt sich zwischen verschiedenen Darstellungsmodi variieren, darunter sind auch Kuben. Ein 4-Speichen-Lenkrad unterstreicht das hochwertige Ambiente. Leider gibt es aber keinen rahmenlosen Innenspiegel.

 

Diese ungewöhnliche Formensprache bringt keine Nachteile mit sich: Die Raumausnutzung des nur 4,50 m langen Tucson ist perfekt, man sitzt vorne wie hinten komfortabel, die Schalter und Bedienflächen sind ergonomisch sehr gut platziert. Der Gepäckraum lässt sich auf knapp 1.800 Liter erweitern. Mit seiner übersichtlichen Karosserie und seinem großzügigen Platzangebot setzt sich der Tucson souverän über jegliche SUV-Kritik hinweg. Denn ein ganz konventionelles Fahrzeug mit derart viel Platz würde viel mehr Verkehrsfläche belegen.

 

In den oberen Ausstattungsniveaus bietet der Hyundai ungewöhnliche Extras wie die Kameras an dem Rückspiegel, deren Bild beim Überholen in die Instrumentierung eingeblendet wird. Das Telematiksystem könnte jedoch eine bessere Menüführung vertragen, und die Kartendarstellung der Navigation genügt nur durchschnittlichen Ansprüchen. Dafür arbeitet der Spurassistent perfekt und dazu immer ungewöhnlich diskret.

 

Die breitgefächerte Antriebspalette besteht ausschließlich aus 1,6-Liter Vierzylinder-Motoren. Für Langstreckenfahrer empfiehlt sich der Diesel, konventionell mit 115 PS oder mit 48 V Hybridisierung und 136 PS. Die Palette von Benzinern beginnt mit 150 PS, sowohl mit oder ohne 48 V Hybridisierung; es gibt außerdem eine 48 V Variante mit 180 PS sowie einen Hochvolt-Hybrid mit einer Systemleistung von 230 PS. Demnächst wird ein Plug-in-Hybrid mit 265 PS nachgereicht. Je nach Pferdchen gibt es Front- oder Allradantrieb und Schalt- bzw. Automatik-Getriebe. Auf anderen Märkten gibt es auch noch einen 2,5-Liter Vierzylinder, eine N-Variante mit knapp 300 PS ist geplant. Hierzulande ist mit der Einführung eines derart sportlichen Derivats gar wegen der drohenden Verbrauchs-Strafzahlungen der EU leider nicht zu rechnen.

 

Der von uns gefahrene 230 PS Hybrid, ein Vorserienauto, zeichnete sich durch vehemente Beschleunigung und eine ausgewogene Abstimmung von Fahrwerk und Lenkung aus. In der Variante überschreitet das SUV die Marke von 40.000 Euro, der Einstieg liegt allerdings bei nur 26.124 Euro, und ein 48 V Hybrid ist für knapp 30.000 Euro zu haben.

 

Mit seinem futuristischen Auftritt sowie überzeugenden Eigenschaften profiliert sich der neue Tucson, der übrigens im tschechischen Nosovice gefertigt wird, im Konkurrenzumfeld positiv. Dazu gehören insbesondere VW Touareg und Ford Kuga, aber auch das deutsch-französische Trio Citroen C5 Aircross, Opel Grandland X und Peugeot 3008. Alle sind auf ihre Art und Weise überzeugend, doch die pure Avantgarde, soviel steht fest, kommt bis auf weiteres aus Südkorea... (ampnet/TX)