Balance aus Souveränität und Bissigkeit.




Ein solch glückliches Händchen hätte man den Lexus-Designern schon bei anderer Gelegenheit gewünscht: Eine augenschmeichelnde Sinfonie aus Metall und Karbon, Glas, Lack und Leder ist das Coupé LC 500, ein Sportwagen in feiner Balance zwischen traditionellen Stilelementen und zukunftsweisenden Formen. Trotz V8-Motor ist der LC ein Hybridmodell.

 

Für den 5,0 Liter großen und 477 PS leistenden V8-Saugmotor werden sich wahrscheinlich mehr als zwei Drittel der Kunden entscheiden, völlig untypisch für diese Marke. Verständlich ist es trotzdem, denn solch ein Paket aus großvolumigem Bollersound, immensen Leistungsreserven, hohem Ausstattungsniveau und exklusivem Markencharakter gibt es heute nur selten. Und dass so etwas noch einmal neu auf die Märkte kommt, wird jeden Tag unwahrscheinlicher. Das ist eben unser Wandel...

 

Offiziell wird das Coupé als 2+2-Sitzer gehandelt, und wer die hinteren Muldenplätze erklimmt, kann es dort eine Weile aushalten. Entspannte Köperhaltung ist nicht dabei. Besser ist es, die hinteren Sitze gleich als Gepäckraum einzuplanen, denn die 197 Liter Kofferraum (beim Hybrid 172 Liter) stehen dem Anspruch, ein Reisecoupé für große Distanzen zu sein, diametral entgegen. Wer weit reist, braucht viel mehr Gepäck, und deshalb ist es gut, wenn es „+2-Sitze“ gibt. Dass die Ladekante mit 86 cm auf SUV-Niveau ist, hat hierbei nicht nur für die Statistik Bedeutung.

 

Die hintere Karosseriebegrenzung ist so hoch und massiv gebaut, um dem Coupé Steifigkeit bei dynamischer Fahrt zu verleihen. Und um die Option auf ein Cabrio offenzuhalten. Zusätzliche Versteifungselemente im Unterbau scheiden angesichts des jetzt schon hohen Gewichts von mehr als 1.900 kg eher aus. Seit SC 430-Einstellung hat Lexus nichts Vergleichbares mehr im Angebot. Ein offener Wagen hätte also etwas!

 

Der Innenraum des LC tröstet diejenigen unter den Lexus-Fans, die trotz finanziell ausreichender Möglichkeiten keinen der 500 Superrenner vom Typ L-FA mehr abbekommen haben. Viele Elemente finden sich im LC wieder. Besonders charmant wirkt die etagenartige Cockpitarchitektur mit ihren aufgesetzten Lederpolstern in vorzüglicher Verarbeitung, den geschmeidigen Formen der Metallapplikationen und den je nach Linie mit Kontrastfarben und -nähten veredelten Polstern. Während andernorts die Reduzierung von Schaltern, Tasten und anderen Bedienelementen propagiert wird, scheint man ihre Fülle bei Lexus noch immer für einen Ausweis technischer Kompetenzen anzusehen. Es stört zumindest nicht.

 

Natürlich ist der LC, was Sicherheits- und Assistenzsysteme angeht, auf der Höhe der Zeit. Grund zur Suche nach besseren Lösungen ist aber im Navi-System zu finden, dessen Trackpad-Bedienung recht ausgeprägte feinmotorische Fähigkeiten verlangt. Auch die Kartengrafik ist recht klein.

 

Wünsche nach akustisch wirkungsvoller Präsenz stellt der Achtzylinder ebenso zufrieden wie nach einem Ausgleich zwischen Gelassenheit und Bissigkeit. Das 10-Gang-Automatikgetriebe ist dafür verantwortlich, dass je nach Fahrstil bei niedrigen Drehzahlen entspannt oder in schnellem Wechsel der Übersetzungen das volle Potenzial an Dynamik erlebbar ist.

 

Lediglich beim Anlassen gibt der Motor etwas den Aufschneider, der automatische Gasstoß lässt den Verdacht aufkommen, man hätte den Fuß auf dem Pedal gelassen. Ansonsten ist es ein seidiges Triebwerk, das seine Reserven bei Bedarf schlagartig freisetzt. Das tut auch der V6 mit E-Unterstützung, allerdings ab etwa 4.500 Umdrehungen unter einer hochfrequenten Geräuschabsonderung, die mit dem Charakter des LC schlecht vereinbar scheint. Obwohl mit 118 PS weniger ausgestattet, fällt dies nicht als Manko ins Gewicht. Agil und über jeden Zweifel erhaben schieben Verbrenner und E-Motor souverän vorwärts, die etwas bessere Gewichtsverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse gegenüber dem V8 kommt ihm dabei zugute. Flink ansprechend offenbarte dieser Motor in zügiger Abfolge von Berg- und Talfahrt überhaupt keine Blöße. (ampnet/TX)