Chevrolet Corvette Stingray Convertible: US-Traum!


Am Memorial-Day-Wochenende, dem Feiertag der Gefallenen, scheint es an der Zeit, eine freundliche Geste zu erwidern und ein echtes Stück Menschlichkeit in die Welt zu tragen. Eine örtliche Pfadfindertruppe hatte am Rande einer Durchgangsstraße in Connecticut einen Stand, um die Reisenden gratis mit Kaffee und Gebäck zu versorgen...

Chevrolet Corvette Stingray Convertible

Und der selbstlose Plan: Ich würde mit einem Corvette Stingray Cabriolet auftauchen und den Pfadfindern die Ehre verschaffen, zu den ersten zu gehören, die dieses bemerkenswerte Fahrzeug im Einsatz erleben. Mein peinlich berührter Beifahrer bezweifelt, dass dies heute gar auffällt.

 

Doch kaum erreichen wir das Zelt mit den Keksen und stellen den Motor ab, als bereits ein Vater auf uns zustürzt und ein Bild mit Auto und Sohn erbittet. Als nächstes erkundigt sich ein Motorradfahrer nach Preisen und Leistungsdaten. Und dann taucht auch noch der „Freund eines Freundes eines Freundes“ des größten Corvette-Veredlers im ganzen Lande auf. Und schließlich endlich auch der Truppführer der Pfadfinder, der über die Abwechslung so erfreut ist, dass er uns förmlich bekniet, doch nun auch etwas Backwerk zu verzehren. Der Plan hat funktioniert!

 

Vermutlich haben sehr viele Verkehrsteilnehmer das Corvette Cabriolet während unserer Ausfahrt zum ersten Mal gesehen, ganz sicher aber nicht zum letzten Mal. Der US-Sportwagen genießt noch immer größte Aufmerksamkeit. Seine kantigen Linien und ausgeprägten Falze, diese Vier-Rohr-Auspuffanlage, die überwältigenden Räder und der gefeierte charakteristische Schwung der Gürtellinie sind unübersehbar. Der Stil ähnelt dem geschlossenen Coupé, aber an Stelle des Schräghecks mit großer Klappe tritt hier jedoch ein flacher Kofferraumdeckel, unter dem das dreilagige Stoffverdeck in weniger als 25 Sekunden verschwindet. Überhaupt kein Zweifel, auch dieses Cabrio ist eine echte Corvette.

 

Dies gilt auch für das charakteristische Interieur, das jenem des Coupés entspricht. Stets dabei sind variabel konfigurierbare Digitalinstrumente, perfekt passende Sitze, und leider ein eher etwas konfuses Layout der Mittelkonsole. Warum ihr lieben US-Designer? Das gut funktionierende Infotainment- und Navi-System gibt es gegen Aufpreis.

 

Das hinterradgetriebene Corvette Cabriolet ist mit dem gleichen 6,2-Liter V8-Motor ausgerüstet wie auch das Coupé. Der leistet 466 PS und ist wahlweise an ein 7-Gang-Schaltgetriebe oder eine 6-Gang-Automatik gekoppelt. Nächstes Jahr folgt die Hochleistungsvariante Z06 mit 659 PS, und später soll es noch stärkere Ableitungen geben. So unglaublich es bei Beschleunigungswerten von 0 auf 100 km/h in knapp über 4 Sekunden ist, dieses Fahrzeug dürfte die wohl langsamste Corvette der siebten Modellgeneration bleiben. Was zum Glück keinem auffällt…

 

Wir bevorzugen eher das Schaltgetriebe gegenüber der Automatik: Der automatische Zwischengasstoß beim Ziehen an dem Schaltpaddel einer Automatik kann einem per Spitze-Hacke-Technik sauber ausgeführtem Schaltvorgang niemals das Wasser reichen. Bei der Corvette macht das manuelle Schalten besonders viel Freude: Diese 7-Gang-Box arbeitet präzise, die Kupplung operiert angenehm leichtgängig.

 

Der Charakter des Antriebs lässt sich auch beträchtlich verändern, vom komfortablen Eco-Modus, in dem die Corvette über Zylinderabschaltung verfügt, bis hin zum sehr zornigen Track-Modus, der für die Rennstrecke definiert ist. Die Kraft wird immer locker, jedoch mit unterschiedlichem Nachdruck, aus dem Ärmel geschüttelt. Lässiges Dahingleiten entspricht dem Charakter der Corvette ebenso wie brutales Beschleunigen und Durchschalten der Gänge. Im extremen Track-Modus wird der sportliche Klang leider durch dröhnende Frequenzen überlagert; die sehr glückliche Mitte dürfte beim Sport-Modus liegen. Übrigens gibt es auch noch einen Weather-Modus, der Zweck hat sich nicht unmittelbar erschlossen.

 

Die Karosserie dieses zweisitzigen Cabriolets ist sehr verwindungssteif, das Handling und Einlenkverhalten ausgesprochen sportlich. Ein kleines Automobil ist die Corvette übrigens nicht, die Leichtfüßigkeit etwa eines Porsche Boxster geht ihm ab. Dafür ist dieses Cabriolet in Anbetracht seiner Qualitäten ausgesprochen preiswert: Der Grundpreis liegt bei nur 72.990 Euro, und dafür ist die Corvette nahezu komplett ausgestattet. Der nochmals bessere Sportwagen ist allerdings das Coupé: Es kostet 3.000 Euro weniger, ist um 50 Kilo leichter und kommt serienmäßig mit einem herausnehmbaren Targa-Dach, das ebenfalls reichlich Frischluft in den Innenraum lässt. Und auch für einen Besuch mit diesem Coupé hätten wir vermutlich Kaffee und Kekse bekommen... (ampnet/SW)