Cord Supercharged Convertible Phaeton:


Dieses Auto bewahrte einst sein berühmtes Mutterunternehmen in den Vereinigten Staaten mitsamt seinem Markennamen vor dem sicheren Untergang. Das geschah nun vor genau 55 Jahren. Jetzt soll dasselbe Fahrzeug erneut den Retter in der Not spielen und das zum zweiten Mal im Lauf seines Lebens.

Cord Supercharged Convertible Phaeton

Der Cord 812 Supercharged Convertible Phaeton (1937), ein in punkto Design, Leistung und Erscheinung wahrhaft herrschaftliches Fahrzeug, stand zu seiner Zeit an der Spitze: Kompressor, Frontantrieb, gar keine Trittbretter, Halbautomatik, versenkbare Scheinwerfer, Stromlinienform und ein Armaturenbrett im Flugzeug-Look. Und auch sein Preis stellte die Konkurrenz in den Schatten!

 

Während damals durchschnittliche US-Autos mit 500 bis 1.000 US-Dollar zu Buche schlugen, mussten Interessenten für ein Cord 812 Cabrio mit Kompressor über 4.000 US-Dollar hinblättern. Kein Wunder, dass dieses Auto besonders in Hollywood Karriere machte. So fuhr etwa Tom Mix, einer der ersten ganz großen Western-Stars, einen Cord 812 Phaeton von 1937, und fand darin gar den Tod. Am 12. Oktober 1940 geriet er bei Phoenix (Arizona) ins Schleudern, kam von der Straße ab und landete Kopfüber im Graben...

 

Glenn Pray, Jahrgang 1925 und seit 1952 Lehrer für Automobiltechnik an einer High School in Tulsa (Oklahoma), war wie Stars und Sternchen ebenfalls vom Cord-Bazillus befallen. Bereits als 15-jähriger hatte er sein Herz an das Fahrzeug verloren. Irgendwie muss er es später trotz seines geringeren Einkommens geschafft haben, sich einen 812er zu kaufen, den er selbst perfekt restaurierte und den Kenner danach als weltweit besten Cord aller Zeiten bezeichneten. 1960 packte den Lehrer dann der Übermut: Als Fan der Marke plante er, die Überbleibsel des inzwischen verblichenen Unternehmens Auburn-Cord-Duesenberg zu übernehmen, dazu brauchte er sehr viel Geld.

 

Auburn-Cord-Duesenberg war 1929 entstanden, als der Investor Errett Lobban Cord die ihm gehörenden Firmen Auburn Automobile Company und Duesenberg und seinen Motorenhersteller Lycoming zu der neuen Marke Cord in seiner Holding zusammenfasste. Auburn war zu Beginn des 20. Jahrhunderts von Frank und Morris Eckhart, den Söhnen eines deutschen Einwanderers gegründet worden, hatte aber aufgrund von Materialknappheit den I. Weltkrieg nicht überlebt. Und auch die 10 Jahre später in Minnesota gegründete Autofirma Duesenberg hatte deutsche Wurzeln: Die in Lemgo geborenen Brüder Fritz und August Düsenberg waren nach dem Tod des Vaters mit ihrer Mutter ausgewandert und hatten ihren Namen der US-Schreibweise angepasst. Als Cord im Jahr 1926 deren Firma übernahm, blieben die Brüder dem Unternehmen in hoher Position erhalten.

 

10 Jahre später ereilte aber auch dieses Unternehmen die große Pleite. Ein professioneller Aufkäufer maroder Firmen namens Dallas Winslow aus Detroit stieg ein, beschränkte sich aber nur auf den Verkauf von Ersatzteilen und die Restauration alter Modelle. Ihm kaufte Glenn Pray 1960 alles ab, was noch von Auburn, Cord und Duesenberg übrig war: In erster Linie über 320 Tonnen Ersatzteile sowie die Namensrechte. Weil die finanzielle Hilfe eines befreundeten Geschäftsmanns nicht reichte, musste er seinen ganzen Stolz, den Cord 812 Supercharged Convertible Phaeton an Jimmy Leake, den Besitzer einer Fernsehstation in Tulsa, für 8.000 US-Dollar verkaufen, den angeblich höchsten Preis der bis dahin für ein solches Auto gezahlt wurde.

 

Der Lehrer bemühte sich erfolgreich, sein neues Geschäft ins Laufen zu bringen. Dazu beschränkte er sich nicht ausschließlich auf den Verkauf von Ersatzteilen und die Überholung von Oldtimern. Mit richtig moderner Technik und neuen Motoren, zumeist von Ford, stellte er Replikas von Auburn-Modellen aus den späten 1930igern her, für die er bis zu 30.000 US-Dollar verlangte. Wo sein Cord geblieben war, hätte er zwar gerne gewusst, sollte es aber nie erfahren, da er 2011 starb. Sein Sohn Doug Pray wurde danach Chef.

 

Nun erhielt der Sohn einen Anruf aus Michigan. Ein Mann am anderen Ende der Leitung teilte ihm mit, er habe 1965 ein Stück Land mit einer alten Scheune gekauft, sich jahrelang nicht darum gekümmert und vor 5 Jahren entdeckt, dass in einer Ecke völlig verdreckt und seit 45 Jahren unberührt ein Cord herumstand. Ob denn der neue Chef Interesse am Wagen hätte? Und ob dieser hatte!

 

Denn nach intensiven Fragen und dem Vergleich entscheidender Zahlen für Fahrgestell und Motor war Doug Glenn zur Überzeugung gekommen, dass es sich um den Wagen seines Vaters handelte. Für eine sehr stolze Summe kaufte er das „gute Stück“. Für notwendige Restauration fehlt ihm aber das Geld. Schlimmer noch: Laut Familienbeschluss musste er den Wagen erneut verkaufen und das Geld ins Unternehmen stecken, das dringend finanzielle Hilfe braucht. Zum zweiten Mal wurde der Cord als Sparschwein geopfert. (ampnet/SW)