Das neue Flaggschiff.




Wenn ein neues Modell der „Performance-Marke Volkswagen R“ kommt, sind die Erwartungen hoch, besonders wenn es um das Spitzenmodell der Touareg-Baureihe geht, die den oberen Abschluss in der VW-Palette bildet. Denn, so verkündet es eine Pressemitteilung: Volkswagen R steht „für die sportlichsten Modelle im Volkswagen-Portfolio“.

 

462 PS leistet der neue VW Touareg R, dem ein per Software auf 381 PS gedrosseltes Schwestermodell namens VW Touareg e-Hybrid direkt zur Seite steht. Herzstück beider Varianten ist der aus dem Basismodell bekannte 3.0-Liter V6-Benziner, der von einem im Getriebe platzierten E-Motor unterstützt wird. Im Heck sitzt ein Hochvolt-Akku verbaut, der den Gepäckraum von 810 auf 610 Liter reduziert.

 

Das max. Drehmoment des Touareg R liegt bei 700 Nm, beim e-Hybrid sind es 600 Nm. Das sind achtbare Werte. Für den Spurt von 0 auf 100 km/h verstreichen 5,1 Sekunden, beim e-Hybrid sind es 6,3 Sekunden, die Spitze ist bei beiden SUV bei 250 km/h abgeregelt.

 

Bei unseren herbstlichen Testfahrten im Harz kamen wir im e-Hybrid auf einen Durchschnittsverbrauch von 17,3 Litern pro 100 km. Dabei hatte sich die zuvor randvolle Batterie restlos geleert. Wir sind insgesamt 156 km nur gefahren. Bei der deutlich zurückhaltenderen Rückfahrt in einem Touareg R auf gleicher Strecke ermittelten wir rund 8,5 Liter Verbrauch bei gleichfalls völlig leergefahrenem Akku. Mit einem Diesel wären nach unserer Einschätzung gut 6,9 Liter drin gewesen. Ohne diese komplexe, platzraubende und unter Umweltaspekten fragwürdige Hochvolt-Batterie. Natürlich lassen sich auch mit einem Plug-in sehr niedrige Verbräuche erzielen. Wer legt sich ein derartiges Oberklasse-SUV aber allein nur für den Kurzstreckenverkehr zu? Wer denn bitte?

 

Zu den positiven Aspekten: Sowohl der e-Hybrid als auch die R-Variante bestechen durch ihre hervorragende Längsdynamik. Der E-Motor spricht verzögerungsfrei an, und je nach Fahrsituation verstreicht nur ein kurzer Moment, bis die 8-Stufen-Automatik die passende Übersetzung liefert. Der Unterschied zwischen beiden Varianten ist vor allem dann spürbar, wenn absolute Spitzenleistung im Fahrbetrieb eingefordert wird. Doch schon die schwächere Variante geht mit solcher Vehemenz zur Sache, dass der Aufstieg zum Touareg R nicht nötig scheint.

 

In Sachen Querdynamik liegen beide Modelle sogar auf dem gleichen, übrigens enttäuschend niedrigen Niveau. Beide gleiten zwar komfortabel über Unebenheiten hinweg und glänzen mit guter Geländetauglichkeit, doch wenn zur Kurvenhatz geblasen wird, leiden sie an der komfortablen Federung und dem hohen Fahrzeuggewicht. Keine Überraschung: Der Touareg R bringt über 2,5 t auf die Waage.

 

Besonders negativ wirkt sich das Fehlen der Fahrdynamiksysteme aus, die ausgerechnet bei diesen vermeintlich sportlichen Spitzenmodellen weder gegen Geld noch gute Worte zu bekommen sind. Die klassisch angetriebenen Touareg-Varianten sind nämlich gegen Aufpreis mit einer Wankstabilisierung zu bekommen, die jegliche Seitenneigung egalisiert, und die ebenfalls angebotene Hinterachslenkung steigert bei niedrigen Geschwindigkeiten die Wendigkeit sowie Agilität entscheidend, während sie im Hochgeschwindigkeitsbereich für Stabilität sorgt. Beide Systeme gibt es in den Hybrid-Varianten aus Platzgründen nicht.

 

Unbestritten zeigen die Qualitäten des VW Touareg auf, es ist eine der besten SUV-Baureihen auf dem Markt. Das Interieur ist geräumig und perfekt isoliert, und vor dem Fahrer spannt sich eine recht großflächige Armaturentafel auf, die im R immer mit dem futuristischen Innovision-Cockpit bestückt ist. Man merkt es der Baureihe stark an, dass sie als Schwestermodell der in einem späten Entwicklungsstadium gekippten neuen Generation des Phaeton dienen sollte.

 

Der VW Touareg wirkt nobel, wobei sich die Erscheinung der Varianten deutlich unterscheidet: Der e-Hybrid trägt jenen gewaltigen Chrom-Grill vor sich her, mit dem sich die Designabteilung unter Klaus Zyciora an einer Interpretation chinesischer Geschmacksbilder versuchte; und die R-Variante präsentiert sich mit tiefschwarzem Antlitz, das empfindsame Gemüter ebenfalls als überaus dominant wahrnehmen.

 

Mindestens 72.378 Euro müssen für einen VW Touareg e-Hybrid gezahlt werden, der nochmals besser ausgestattete VW Touareg R kostet ab 84.660 Euro. Wer in dem Segment einen Plug-in-Hybrid sucht, evtl. weil man umsonst aufladen kann oder die ganzen staatlichen Subventionen mitnehmen möchte, der ist mit dem neuen Flaggschiffen gut bedient. Wer allerdings auf einen Touareg mit sportlichem Fahrzeugcharakter Wert legt, ist, auch nach dem beklagenswerten Ende des V8 TDI, mit anderen Antriebsvarianten besser bedient. (ampnet/TX)