Der schnellste Elfer...




Porsche feiert mit dem 911 GT2 RS den schnellsten Elfer, den es je gab. 700 PS leistet der 3,8 Liter große Sechszylinder-Boxermotor. Das reicht, um den nur knapp 1.500 kg wiegenden Supersportler in 2,8 Sekunden von 0 auf 100 km/h zu schleudern, nach 8,3 Sekunden stehen 200 km/h, erst bei 340 km/h begrenzt die Elektronik den Vorwärtsdrang.

 

Porsche nutzt für diesen satten Auftritt u.a. Zutaten wie Druck, Wasser, Luft, Brennstoff und penibel konstant gehaltene Hitze.

 

Wesentliche Bauteile bis tief ins Fahrwerk des 911 GT2 RS werden aus CfK (Kohlefaser-Werkstoff) hergestellt. Für das Dach wird Magnesium eingesetzt, ebenso für die Räder. Titan ist es für die Auspuffanlage. Die Rücksitzanlage entfällt, wie auch der Allradantrieb. Dies macht den GT2 RS um gut 110 kg leichter als den Porsche 911 Turbo S. Wer zudem das ca. 20.000 Euro kostende Weissach-Paket ordert, reduziert das Gewicht nochmals um 27 kg. Dann wird auch das Dach aus CfK gebacken, die Stabilisatoren aus dem gleichen Material, anstatt aus Stahl...

 

Natürlich steht der Motor im Zentrum: Das Turbolader-Duett hat einen 10 mm größeren Durchmesser als beim Turbo S. Damit möglichst viel kalte und damit dichterer Sauerstoff in die Zylinder gepresst werdeen kann, sorgen große Ladeluftkühler für geringere Temperaturen. Im Heck des 911 GT2 RS herrscht aber Enge und damit besonders in sommerlichem Klima große Hitze. Deshalb werden beide Kühler temperaturabhängig und bei vollem Leistungsabruf über Düsen mit Wasser besprüht. Die Verdunstungskälte sorgt für thermische Entspannung.

 

Auch in die andere Richtung wurde gedacht: Wenn der Treibstoff seine Aufgabe erledigt hat, sollen seine Abgase auf kürzestem Weg entlassen werden, um Gegendruck zu vermeiden. Keine 60 cm sind es von den Krümmern links und rechts des Motors bis zu den Endrohrblenden, wenn beide Auspuffklappen geöffnet sind. Für den akustisch sanften Auftritt ist sogar ein Umweg über den großen Schalldämpfer drin. Krawall ist etwas anderes. 11,8 Liter verbraucht der 911 GT2 RS auf 100 km nach Norm, das entspricht einem CO2-Ausstoß von 269 g/km. In den Tank passen 64 Liter, als Option bietet Porsche einen auf 90 Liter Tank an.

 

Im Innenraum bietet Porsches schnellster Elfer die üblichen Standards. Die Skala des Tachos reicht bis 400 km/h, textile Schlaufen ersetzen die Türöffner, den optionalen Verzicht auf Klimaanlage sowie Infotainment-System üben gewiss nur jene Käufer, die den neuen Porsche GT2 RS tatsächlich auf der Rennstrecke einsetzen wollen.

 

Mit Baritonstimme springt der Boxer an, gestartet wird wie sonst auch mit dem links des Alcantara-bezogenen Lenkrads platzierten Zündschloss. Ein metallisches Klicken, der Wahlhebel des Doppelkupplungsgetriebes mit 7 Gängen rastet ein, der Motor brabbelt. Ein sanfter Druck auf das Gaspedal, der Ruck, mit dem sich der GT2 RS direkt in Bewegung setzt, ist eher zart. Die Fahrt beginnt, der Sound ist verhalten.

 

Aber: Ein Reisewagen ist der 911 GT2 RS nicht. Ein Gasstoß lässt den Boxer röhren, blitzschnell schaltet die Automatik zurück und der Porsche schnellt wie der Pfeil von der Sehne. Die Play-Station lässt grüßen. Es ist, als würde man am Zoomobjektiv einer Kamera in Windeseile drehen. 750 Nm Drehmomentspitze liefert das Triebwerk von 2.500 bis zu 4.500 U/min, im Zusammenspiel mit der höchst feinfühligen Getriebeautomatik steht so immer max. Durchzugskraft bereit, was beim Beschleunigen aus Kurven eine gute Kontrolle des rechten Fußes erfordert. Zwar verhindern Traktionskontrolle sowie das PSM getaufte Stabilitäts-Management ein Ausbrechen des Hecks zuverlässig. Im Sinn einer sicheren Spritztour auf öffentlichen Straßen ist aber Vorsicht angeraten.

 

Sein volles Potenzial spielt der Porsche aber erst auf der Rennstrecke aus und beschert dort ein selten zuvor erlebtes Vergnügen. Brachiales Beschleunigen wird von wohldosierbarem Bremsen vor Kurven abgelöst, die Lenkung ist überaus präzise, reagiert auf feinste Korrekturen. Es ist überraschend, wie kontrollierbar und gutmütig sich der stärkste aller Elfer bewegen lässt. Das ausgewogene Fahrverhalten schafft begründetes Vertrauen, der mächtige Heckspoiler, der für den Renneinsatz eingestellt bis zu 400 kg Abtrieb bringt, trägt seinen Teil dazu bei...

 

Wohlgemerkt: Der 911 GT2 RS ist kein Spielzeug für eben mal volljährig gewordene Erben oder erfolgreiche Jungunternehmer. Dieser Sportler verlangt Erfahrung und Verantwortungsbewusstsein sowie einen wachen Geist am Lenkrad, egal wo. Vorsicht ist hier nötig.

 

Offiziell ist die Auflage des Supersportlers, dessen Auslieferung Anfang Dezember begonnen hatte, nicht limitiert. Die Produktionszeit endet aber am 31. Dezember 2018, bis dahin könnten etwa 2.500 Einheiten gefertigt werden, die allerdings schon mehrheitlich verkauft sind. Zum Preis von 285.220 Euro. Immerhin gibt es das Club-Sport-Paket mit Überrollkäfig, 6-Punktgurt und Feuerlöscher aufpreisfrei gleich dazu. (ampnet/TX)