Dieses Auto kann alles.




14 Jahre ist es her, dass auf dem Pariser Autosalon erstmals die „Vision B“ als Vorläufer der B-Klasse gezeigt wurde, damals noch als kompaktes Gegenstück zur großen R-Klasse. Doch während diese Raumlimousine bei den Stuttgartern längst verflossen ist, geht die B-Klasse jetzt in ihre dritte Modellgeneration.

 

Schon bisher galt die B-Klasse als eine Art Geheimtipp. Als Ableitung der A-Klasse zeichnete sie sich durch ein anspruchsvolles Fahrwerk, sparsame Motoren und viel Platz aus. Was ihr fehlte, war Emotion: Der Anblick einer B-Klasse hat bislang keinen unmittelbaren Kaufwunsch ausgelöst. Die rein sachliche Form dokumentierte vielmehr, dass sich ihr Besitzer vorwiegend Vernunftserwägungen unterwirft.

 

Das will die neue B-Klasse nun ändern, und tatsächlich wirkt die neueste Modellgeneration viel ansprechender als bisher. An der Front dominiert ein SL-Grill, die Seitenpartie zeigt eine ausgeprägte Keilform und das Heck wirkt muskulös und breit. Das gegen Aufpreis angebotene AMG-Paket ist gar nicht nötig. Wenn es einen Wermutstropfen gibt, dann ist es diese breite Haubenfuge, die die langgezogene Front optisch verkürzt. Die ganze Karosserie hat aber praktische Vorzüge: Das Platzangebot ist gewachsen, und der Luftwiderstandsbeiwert ist auf rekordverdächtige 0,24 gesunken. Davon wiederum profitieren Fahrleistungen, Verbrauch und auch die Akustik.

 

Zum Marktstart kommt die B-Klasse mit zwei Benzinern und drei Dieseln. Die 1,3-Liter Ottomotoren schmücken sich mit der stolzen Bezeichnung B 180 (136 PS) bzw. B 200 (163 PS). Der von uns gefahrene B 200 läuft geradezu seidenweich und ist ausreichend stark, um die ca. 1,4 Tonnen schwere Limousine mit einem ganz gewissen Nachdruck zu bewegen. Der Zyklusverbrauch liegt hier bei 5,4 Litern pro 100 Kilometer. Noch viel interessanter finden wir die Diesel: Hier gibt es den B 180 d mit 116 PS (1,5 Liter) sowie mit 2,0-Liter Motoren den B 200 d (150 PS) sowie den B 220 d (190 PS). Die beiden 2,0-Liter Motoren sind bereits nach der ab 2020 obligatorischen Euro6d-Temp Norm zertifiziert und dürften damit gegen Fahrverbots-Vorstöße gefeit sein. Mit dem Spitzen-Diesel läuft die B-Klasse stolze 234 km/h schnell; der Zyklusverbrauch, der sich leicht unterbieten lässt, wird mit 4,4 Litern pro 100 Kilometer angegeben. Das Doppelkupplungs-Getriebe schaltet sanft und schnell.

 

Obwohl sie es motorisch kann und das Fahrwerk mit Präzision glänzt, lädt die B-Klasse nicht zum Rasen ein. Lieber genießt man den neuen Federungskomfort, die großzügige Verglasung und das ungewöhnlich niedrige Geräuschniveau und beschäftigt sich mit der anspruchsvollen Innenausstattung, die sich stufenweise aufwerten lässt. Stets erstreckt sich vor dem Fahrer ein großer TFT-Bildschirm, gegen Aufpreis lassen sich alle Register der neuen MBUX-Architektur ziehen. Es gibt auch ein intelligentes Spracherkennungssystem, mit dem der B-Klasse Befehle erteilt werden können. Das funktioniert mittlerweile recht gut, wenn auch keinesfalls schon perfekt.

 

Dem Sicherheitsbedürfnis der angepeilten Zielgruppen kommen einige teilautonome Fahr- und Assistenzsysteme entgegen. Einige von ihnen, etwa der Spurhalteassistent und auch der Bremsassistent, gehören zum Serienumfang. Gegen Aufpreis lässt sich die B-Klasse mit Sicherheits-Paketen und Einzeloptionen auf Oberklasse-Niveau bringen.

 

Und gutes Oberklasse-Niveau bieten auch die Materialien im Innenraum, einschließlich der äußerst liebevoll verarbeiteten Armaturentafel mit ihren metallisch glänzenden Ausströmer-Düsen. Sie lassen sich nachts mittels der optionalen Ambiente-Beleuchtung in ein geradezu unwirkliches, ein gleißendes Licht tauchen.

 

„Das großzügige Platzangebot eignet sich für Familie und Freizeit, direkt verbunden mit dem äußerst repräsentativen Charakter einer Limousine, dem Komfort eines Reisefahrzeugs und der Dynamik eines sportlichen Wagens“, formulierte Daimler vor 14 Jahren bei der großen Präsentation der „Vision B“. Zumindest über den repräsentativen Charakter und die sportliche Dynamik konnte man bislang streiten. Mit der neuen B-Klasse erfüllt Mercedes auch das Versprechen. Dieses Auto kann alles. (ampnet/TX)