Elektrisierende Katze auf Speed.




Der riesige Frontsplitter sieht Furcht einflößend aus. Beim Rundgang um den Jaguar I-Pace e-Trophy fällt noch der ausladend breite Heckspoiler ins Auge, der selbstbewusst in den Himmel ragt. Die aerodynamischen Maßnahmen an der Rennversion sollen Abtrieb erzeugen. Das klingt wie althergebrachter Motorsport, beim I-Pace e-Trophy ist vieles anders...

 

Statt einem brüllenden Verbrennungsmotor schleicht sich die Raubkatze auf leisen Pfötchen an, elektrisch schnurrend und emissionsfrei!

 

Das Entern des Boliden erfordert zunächst ein Maß an Gelenkigkeit. Um den zupackenden Schalensitz zu erklimmen, will erst einmal der massive Überrollkäfig überwunden werden. Der weckt mit seinen extrem dicken Rohren nicht nur Vertrauen, sondern macht sich überall breit. Einzig ein kleiner Schacht bleibt zum Einstieg noch übrig. Der Innenraum ist bis auf das blanke Blech leergeräumt, stattdessen gibt es nur das Notwendigste.

 

Beim Festziehen der 6-Punkt-Gurte bleibt ein kurzer Blick auf das mit nur Knöpfen und Drehreglern so vollgestopfte Lenkrad. Einer ist fürs ABS, mit 11 Stufen der Regulierung. Ebenso ist die Kraftverteilung zwischen Vorder- und Hinterachse sowie die Bremsbalance hier einstellen.

 

Hinter dem dick ummantelten Volant befindet sich das zentrale Display. Es zeigt alle relevanten Daten. Auf Schaltpaddels am Lenkrad verzichtet der I-Pace. Wozu auch? Dem Wettbewerbsfahrzeug reicht ein einziger Gang vollkommen aus. Die breite Mittelkonsole ist mit Schaltern übersät. Die gesamte Kommandozentrale ähnelt einer Pilotenkanzel im Flugzeug.

 

Nach einem Druck auf D setzt sich der Bolide in Bewegung und stürmt los. Leise, jedoch mit erheblichem Nachdruck. Die Beschleunigung ist heftig. Letztendlich zerren am Jaguar gerade 400 PS und gewaltige 700 Nm, mit denen die Raubkatze ungestüm nach vorne peitscht. Der Cup-Racer sprintet in 4,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h, jedoch ist bei 205 km/h bereits Schluss. Topspeed ist nicht unbedingt die große Stärke, es wird aber im Einsatzgebiet der e-Trophy nicht wirklich so benötigt.

 

Stramme 2.150 kg wiegt der Jaguar im Renntrimm inkl. Pilot und ist also nicht gerade ein Rennwagen von der leichten Sorte. Fast ein Drittel des Gewichts geht auf das Konto der Batterien. Dessen ungeachtet benimmt sich der I-Pace keineswegs schwerfällig. Im Gegenteil, die mitteilsame Lenkung spricht direkt an, das harte Rennfahrwerk ist fein ausbalanciert.

 

Einzig der Fahrwind zischt um den Cup-Racer, während die beiden E-Maschinen ihr ruhiges Lied singen. Für wesentlich mehr Krach sorgen die kleinen Steinchen, die permanent von den speziellen Michelin-Reifen aufgelesen werden und ständig gegen diese Karosserie prasseln.

 

Zeit für weitere Fakten: Die Jaguar I-Pace e-Trophy ist die weltweit erste Rennserie für rein elektrische Rennwagen. Gut 20 Piloten gehen hier an den Start, um die Meisterschaft. Der Rennkalender umfasst 10 Läufe, die im Rahmen der Formel E stattfinden. Neben den Metropolen wie New York, Mexiko City, London und Rom steht auch wieder Berlin fest. Die Kämpfe werden auf umgebauten Stadtkursen ausgetragen. Dazu: Statt wie üblich im Frühjahr, beginnt die Saison für die vollelektrische Serie bereits am 22./23. November. Der erste Ort ist Diriyya in Saudi-Arabien.

 

Die erste Saison im letzten Jahr nutzte Jaguar noch fleißig als Testlabor, um den Härteeinsatz unter Extrembedingungen für sich zu analysieren. Die Briten hörten aber auch bei ihren Piloten hin. Die bescheinigtem dem I-Pace ein nervöses Fahrverhalten und ein starkes Untersteuern. Daher geht der E-Racer in der 2. Saison mit einem gründlichen Update an den Start. Mit einem neu abgestimmten Fahrwerk, ebenfalls nachgeschärft wurden die Bremsen und Steuerungselektronik. Jetzt fährt sich so ein I-Pace neutraler. Zudem bringt ein neuer Attack-Modus mehr Spannung in die Rennserie. Ist der Angriffsmodus aktiviert, stehen kurzfristig satte 20 Prozent mehr Leistung und Drehmoment zur Verfügung, die den Piloten zusätzliche Überholmöglichkeiten auf den Stadtkursen schaffen. (ampnet/TX)