Ende einer Legende?




Es war als automobiler Meilenstein gefeiert worden, als Fahrzeug von der Bedeutung eines Volkswagen oder Ford Model T; als das Werkzeug, eine ganze Nation zu motorisieren: Der Tata Nano, 2008 als „One-Lakh“-Auto präsentiert. Ein Lakh, das sind 100.000 indische Rupien, gut 1.250 Euro heute. Jetzt wurde er sang- und klanglos eingestellt.

 

Die Geschichte des Nano ist facettenreich: Als philanthropisches Projekt des Firmenherrschers Ratan Tata aufgesetzt, inspirierte der kleine Pkw die Branche, das Automobil neu zu überdenken. Zulieferer brüsteten sich damit, bei dem visionären Projekt dabei zu sein.

 

Doch die Politik sorgte für den verpatzten Start: Das Volk, das der Nano motorisieren wollte, wendete sich in Westbengalen gegen die Pläne für das eigens geplante Werk. Ein neuer Standort musste gefunden werden, die Markteinführung geriet zur Geduldsprobe. Es gelang.

 

Wegen der extrem niedrigen Preispositionierung konnte der Nano nicht alles liefern, was deutlich teurere Autos boten. Bei der Markteinführung war der Gepäckraum mangels Heckklappe nur von innen zu erreichen, es gab keine Klimaanlage, der Nano stand auf kleinen 12 Zöllern und mit 38 PS war auch nicht für viel Vortrieb gesorgt. Bescheidene 105 km/h. Dafür kam ein Tata Nano aber nur auf 600 kg.

 

Obwohl der Nano den Basispreis von 100.000 Rupien nicht lange halten konnte, blieb er über die gesamte Laufzeit hinweg das günstigste Auto auf dem indischen Markt. Doch sehr viele Kunden entschieden sich für Modelle wie den nicht viel teureren, aber älteren Maruti Suzuki 800. Die Zahlen blieben weit von den Projektionen entfernt, und der Nano prägte niemals das Straßenbild in Indien. Der Nano avancierte zum Zweit- oder Drittwagen für betuchtere Kunden in den Ballungszentren.

 

So bescheiden der Nano motorisiert war, soviel Freude konnte das Auto mit seinem sympathischen Charakter bereiten. „Automotive News“ will nun von der Produktionseinstellung erfahren haben; schon im letzten Jahr hatte die indische Presse das Ende des Nano verkündet, was Tata damals bestritt. Ein Dementi fällt diesmal aber! (ampnet/TX)