Genf 2016: Die wohl schönste Messe.


Der Genfer Automobilsalon gehört schon seit dem Jahr 1905 zu den wichtigsten Automessen der Welt, und gilt auch als die schönste Messe. In diesem Jahr öffnen die Hallen am Lac Leman zum 86. Mal für das Publikum ihre Tore, und wie schon in der Vergangenheit präsentieren die Automobilhersteller eine Flut an Premieren.

86. Genfer Automobilsalon

Das größte Sortiment stellt gewohnt der VW-Konzern. Doch im zweiten Krisenjahr des Konzerns ist alles eine Spur kleiner. Im Mittelpunkt bei den Wolfsburgern, die Digitalisierung, mit fast totaler Elektrifizierung und autonomer Mobilität auf. Da ist der Supersportwagen Bugatti Chiron, der mit 1.500 PS alles bekannte in den Schatten stellt, eher etwas fürs Auge. Oder auch der Porsche 911 R, eine höchst puristische Ableitung des 911 GT3 mit klassischem Handschaltgetriebe. Ein Sportwagen, der vor allem von Marken-Aficionados vehement eingefordert worden war. Bei Audi warten die Fans der vier Ringer eher auf die Modellgenerationen des A6, A7 und A8, denn der kleine Crossover Q2 wird dem Premium-Anspruch der Marke stilistisch kaum gerecht. Die Front wirkt einfach generisch, die Flanken kastenförmig, das Heck erinnert an den Polo: Nach Q7, R8 und A4 handelt es sich dabei nun um das vierte Modell der Marke, dem man einen harmonischeren Auftritt gewünscht hätte. Denn die Technik gehört jeweils zum Feinsten, was heute machbar ist und angeboten wird. Die Auftritte bei Seat und Skoda passen in das neue, demütige Konzernbild.

 

Eine eher klassische Party findet diesmal bei den Stuttgartern statt. Der Daimler-Konzern, der mitten in einer anspruchsvollen Modell-Offensive steckt, scheint kurz Luft zu holen: In Genf steht das hübsche Mercedes Cabriolet der C-Klasse im Mittelpunkt, doch schon in knapp drei Wochen stehen in New York weitere Weltpremieren...

 

Zu den elegantesten Erscheinungen auf dem Genfer Salon gehört der Volvo V90, ein großer Kombi als Ableitung der ebenfalls noch frischen Limousine S90. Die kühle Eleganz der Karosserie korrespondiert hier in geradezu idealtypischer Weise mit dem klar gegliederten und hochwertig ausstaffierten Interieur. S90 und V90 belegen abermals, welches Talent der VW-Konzern mit Volvo-Chefdesigner Thomas Ingenlath verloren hat.

 

Zwiespältig der Fiat-Chrysler-Konzern. Neben einer viel zu langweiligen Tipo-Baureihe und einem belanglosen Facelift des Alfa Romeo Giulietta gilt es den Niedergang von Lancia zu beklagen. Mit seiner Entscheidung, die US-Protzlimousine Chrysler 300 und den einfach konstruierten Van Chrysler Town & Country unter dem Lancia-Label zu vertreiben, hat Chef Sergio Marchionne der aristokratischen Marke wohl den sprichwörtlichen Rest gegeben. Der Kleinwagen Ypsilon darf noch einige Jahre auf dem italienischen Markt sein Dasein fristen, dann werden die Lichter endgültig ausgehen. Optimismus herrscht dagegen bei Maserati, wo der Levante, das erste SUV der Marke, die Kundenbasis erheblich verbreitern dürfte. Und finanziert wird der gesamte Konzern nur durch die Absatzzahlen der Spritschlucker von Jeep sowie Ram Trucks, die den US-Händler förmlich nur so aus den Händen gerissen werden.

 

Opel feiert den Titel des europäischen „Autos der Jahres“ für den Astra, der die Marke entscheidend nach vorn bringen soll. Mit Leichtbau und effizienten Motoren sind die Voraussetzungen dafür denkbar günstig. Und der GT gibt Hinweise auf die Weiterentwicklung der markeneigenen Formensprache. Hauptkonkurrent Ford orientiert sich mit der „Vignale“-Linie nach oben, auf der Straße ist nichts davon zu sehen. Und auch die Auslieferungen des fürs Image wichtigen Focus RS verzögern sich noch.

 

Zu den skurrilsten Fahrzeugen gehört der Toyota Prius, dessen Design vielleicht nicht von Geschmack, jedenfalls aber von viel Mut zeugt. Am Steuer überzeugt der Ottomotor-Hybrid mit agilem Ansprechverhalten, und natürlich unübertroffener Effizienz, die im realen Überland-Einsatz ungefähr auf Diesel-Niveau liegt. In wenigen Wochen kommt eine Plug-in-Hybrid-Variante dann auch noch dazu.

 

Ist der Prius unangefochtener Vorreiter unter den Hybriden, so gebührt dieses Verdienst unter den E-Autos der Marke Tesla. Nach Genf haben die Amis ihre Model X mitgebracht. In Zukunft geht es jedoch für Tesla darum, Geld zu verdienen. Gelingen soll das mit dem angekündigten Model 3, das wiederum auf die so genannte Gigafactory angewiesen ist.

 

Doch Genf bietet vor allem viel fürs Auge! (ampnet/SW)