In der Stadt wird das eigene Auto zur Ausnahme.




Bis 2050 wird in der Stadt das eigene Auto die Ausnahme sein. Fuß- und Radverkehr nehmen zu, wie die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs, plus Car- und Ridesharing. Die Bahn sowie „andere bodengebundene Verkehrsmittel“ haben die nationalen Flugverbindungen ersetzt. So sieht es die „RESCUE“-Studie des Umweltbundesamtes (UBA).

 

Das UBA hat in seiner neuen Studie untersucht, wie Deutschland in gut 40 Jahren Treibhausgas-Neutralität erreicht und gleichzeitig 70 Prozent weniger Rohstoffe und Ressourcen nutzen kann. Die Studie zeichnet dazu Szenarien auf, die der Regierung helfen sollen, das vereinbarte Ziel der Treibhausgasneutralität zu erreichen. Maria Krautzberger, die UBA-Präsidentin, ist sicher, dass die bislang beschlossenen Maßnahmen bei weitem nicht ausreichen. „Wir müssen als Gesellschaft lernen, die heute besonders treibhausgas- und ressourcenintensiven Techniken und auch Produkte möglichst rasch umzubauen“.

 

Schneller Kohleausstieg ist die Voraussetzung: Eines der Szenarien beschreibt unter dem Titel „GreenSupreme“ die schnellste Minderung der Treibhausgas-Emissionen und des Rohstoffverbrauchs bis 2050. Bis 2040 ist hierfür der schnelle Ausstieg aus der Kohle besonders wichtig. Effiziente und rohstoffarme Techniken, wie etwa Wärmepumpen für die Raumwärme sowie die Nachfrage nach langlebigen, reparierbaren und rohstoffeffizienten Produkten werden präferiert. In dem Szenario gelingt es, bis 2050 die Treibhausgasemissionen um gut 97 Prozent gegenüber 1990 zu senken. Werden die natürlichen Senken durch nachhaltige land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung eingefasst, sind Minderungen um 100 Prozent möglich. Es wird der Atmosphäre sogar Kohlendioxid entzogen. Dies wird ohne Atomenergie und technische Senken erreicht.

 

Allein nur noch erneuerbare Energie: Der Bedarf an Energieb kann in „GreenSupreme“ von rund 2.500 TWh im Jahr 2015 bis zum Jahr 2050 auf unter 1-100 TWh reduziert werden. Vollständig durch erneuerbare Energien. Das Szenario setzt in allen Bereichen auf Energieeffizienz. So kommen ausschließlich effiziente Techniken zum Einsatz, und es wird nicht an konventionellen Techniken wie Brennwertheizungen oder etwa an Verbrennungsmotoren festgehalten. Auf dem Weg dahin steigt der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromversorgung bis 2030 auf 86 Prozent und bis 2040 auf 97 Prozent. Nötig ist dazu ein Brutto-Zubau von Windenergie an Land ab 5,5 GW und 4,8 GW Photovoltaik pro Jahr. Frühzeitig werden zudem Techniken aufgebaut, wie beispielsweise die Erzeugung strombasierter nachhaltiger Energieträger (Power to Gas bzw. Power to Liquid). Der Anteil an erneuerbaren Energien in Brenn- und Kraftstoffversorgung beträgt 2030 bereits 11 Prozent und 2040 rund 40 Prozent. 2050 kommen gar keine fossilen Energieträger zum Einsatz.

 

Neuer Lebenstil: Dieser Wandel ist angewiesen auf die Bereitschaft der Gesellschaft, liebgewonnene Gewohnheiten neu zu überdenken und zu ändern. Auch in der Ernährung spiegeln sich gestiegenes Umwelt- und Gesundheitsbewusstsein. Lebensmittelabfälle werden vermieden, allein mehr regionale sowie saisonale Lebensmittel verarbeitet. Die Ernährung wird fleischärmer, die Tierbestandszahlen in Deutschland nehmen ab.

 

Rohstoffbedarf sinkt in allen Szenarien: Treibhausgas-Neutralität führt auch zum deutlichen Rückgang des Rohstoffkonsums (Raw Material Consumption). Im „GreenSupreme“ sind es minus 70 Prozent bis 2050 gegenüber 2010. Im Fokus sind vor allem technische Maßnahmen zur Energie- und Materialeffizienz. Zudem helfen Lebensstiländerungen, wie der Umstieg auf langlebige, reparaturfähige Produkte, flächensparendes Bauen, die konsequente Ausschöpfung des ökologisch-technischen Recyclingpotenzials, ausgeprägte Materialsubstitution wie der verstärkte Holzbau und der Einsatz innovativer Materialien wie etwa Textilbeton, den Rohstoffbedarf weiter zu senken. Der zeitweise Mehrbedarf allein zur Transformation des Energiesystems sollte mittels Technologiemix verringert werden: So können neuartige Akkus die alten Lithium-Ionen-Akkus ersetzen und so den Bedarf an Lithium sowie Kobalt reduzieren. Windenergieanlagen brauchen deutlich weniger seltene Erden. (ampnet/TX)