Jederzeit mit Falschfahrern rechnen...




Vorfahrt, Fahrtrichtung oder Geschwindigkeit, wie sich die Autofahrer im Straßenverkehr verhalten sollen, regelt die StVO. Aber gilt sie auch auf Parkplätzen oder im Parkhaus? Michaela Rassat, D.A.S.-Juristin, zeigt, dass Autofahrer bei der Parkplatzsuche gar nicht vorsichtig genug sein können. Eingeübte Regeln passen hier nicht, sagen Gerichte.

 

Wo gilt die Straßenverkehrsordnung also? Die StVO gilt, wo öffentlicher Verkehr stattfindet. Das heißt: Auf allen Straßen und Plätzen, die für die Allgemeinheit zugänglich und zugelassen sind. „Es kommt also nicht darauf an, ob eine Straße oder ein Parkplatz Eigentum der Gemeinde oder Privateigentum ist, sondern darauf, ob jeder sie ohne Weiteres befahren darf“, so Michaela Rassat. Nach dem Bundesgerichtshof kann auch der private Parkplatz einer Sparkasse öffentlicher Verkehrsraum sein (Az. 4 StR 165/17). Parkplätze und Parkhäuser von Supermärkten und Einkaufszentren gelten in der Regel als öffentlicher Verkehrsraum. Flächen, die nur ein kleinerer Personenkreis nutzen darf und eindeutig ausgeschildert oder mit Schranken gesperrt sind, sind nicht öffentlich. Beispiel: Der Parkplatz für die Mitarbeiter eines Betriebes. „Dabei spielt es übrigens keine Rolle, ob das Schild „Hier gilt die StVO“ aufgestellt ist oder nicht“, ergänzt die Juristin.

 

Dennoch gibt es einen Unterschied zwischen dem Verkehr auf Straßen und dem auf öffentlich zugänglichen Parkflächen: Auf letzteren findet in erster Linie ein ruhender Verkehr statt, das heißt, Fahrzeuge bewegen sich langsam fort. Nach einem Urteil des Landgerichts Saarbrücken (Az. 13 S 122/12) sollten Verkehrsteilnehmer dort jederzeit damit rechnen, dass ein anderer Fahrer gerade aus- oder einparkt. „Das bedeutet in der Praxis: Schrittgeschwindigkeit fahren und immer bremsbereit sein“, so Michaela Rassat. Überhöhtes Tempo kann bei einem Zusammenstoß zu einer Teilschuld führen, vor allem beim Rückwärtsausparken.

 

Eine weitere Besonderheit auf Parkplätzen ist, dass die Fahrspuren dort nicht wie Verkehrsstraßen mit entsprechenden Vorfahrtsregeln verknüpft sind. Sie dienen ausschließlich der Suche nach Parkbuchten. Wer von rechts aus einer Parkbucht kommt, genießt in der Regel keine Vorfahrt. Das bekannte „rechts vor links“ gilt nur, wenn die Fahrspuren eindeutig Straßencharakter haben, wie auch das Amtsgericht Solingen (Az. 11 C 193/06) entschied. Das Amtsgericht Düsseldorf (Az. 51 C 14792/11) ging noch weiter: Selbst markierte Fahrspuren auf Parkplätzen/Parkhäusern dienen nicht grundsätzlich dem fließenden Verkehr. Deshalb können sich Autofahrer auf die üblichen Vorfahrtsregeln wie „rechts vor links“ nicht verlassen. Auch auf der vermeintlichen „Hauptfahrbahn“ besteht folglich kein Vorfahrtsrecht. Die Parkplatzsuchenden müssen hier in einem ganz besonderen Maße das Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme immer beachten, das eindeutig in Paragraph 1 der StVO verankert ist, und sich also miteinander verständigen.

 

Übrigens gilt: Autofahrer in Parkhäusern oder auf Parkplätzen müssen wirklich jederzeit mit „Falschfahrern“ rechnen. Selbst wenn die Fahrbahn mit Pfeilen versehen sind, dienen sie lediglich als eine Empfehlung für die Fahrtrichtung (Amtsgericht Homburg, Az. 4 C 175/02). (ampnet/TX)