Kein leichtes Erbe.




Borgward ist wieder da. Nach der Insolvenz und der Auflösung 1963 meldet sich die wiederbelebte Marke jetzt mit einem SUV zurück, das in China produziert und bereits seit einem Jahr im Reich der Mitte verkauft wird. Der Borgward BX7 steht als TS Limited Edition allerdings nicht bei den Händlern, denn die gibt es, zumindest vorläufig, nicht.

 

Über das Internet und später auch über Sixt als Vertriebspartner soll der 4,72 m lange Viertürer bei uns den Weg zum Kunden finden. Zunächst gibt es nur eine vollausgestattete Version und eine Motorisierung, damit kostet das China-SUV 44.200 Euro.

 

Das Design prägen der übergroße Kühlergrill und markante Linien über den Radhäusern. Nicht atemraubend, im Detail jedoch wohl überlegt. So umschließen etwa nach unten verlängerte Türkanten die Seitenschweller und schützen sie vor Verschmutzung. Das verhindert, dass Hosenbeine, die beim Ein- oder Aussteigen unweigerlich mit der Karosserie in Kontakt kommen, öfters den Weg in die Waschmaschine antreten müssen als nötig. Anleihen aus gängigen Formensprachen geben dem SUV jedoch keinen unverwechselbaren Charakter. Ein typisches SUV!

 

Das gilt auch für den Innenraum. Zwar sind Materialmix aus Leder und hochwertigen Kunststoffen sowie die Verarbeitung auch in der zweiten Reihe durchaus ansprechend, doch fehlt der gewisse Unterschied zu den Angeboten aus Japan oder Südkorea. Die Platzverhältnisse für alle Passagiere sind großzügig. Was bei einem Radstand von 2,76 m aber zu erwarten ist. Weniger üppig ist das Kofferraumvolumen. Nur 545 Liter Gepäck passen hinter die letzte Sitzreihe, klappt man die Rückenlehnen um, werden daraus gut 1.377 Liter. Kein Wert, der den BX7 besonders macht. Immerhin ist der Laderaumboden eben und die Heckklappe mit einer elektrischen Unterstützung ausgestattet. Die Zuladung liegt bei nur 387 kg, das Gesamtgewicht des Wagens allerdings bei 2.241 kg. Eine Anhängelast wird dem Premierenmodell noch nicht zugestanden, eine Anhängekupplung ist aber geplant.

 

Ein Diesel hat in dieser Fahrzeugklasse bei den Asiaten keine Freunde, Borgward bietet das SUV daher ausschließlich mit einem Vierzylinder-Turbobenziner an. Der wurde in Deutschland entwickelt, gebaut wird er im Motorenwerk der Marke nahe bei Peking. Er holt aus 2,0 Litern satte 224 PS und liefert 300 Nm Drehmoment bei 1.500 U/min. Kombiniert mit der obligaten 6-Gang-Automatik von Aisin klappt der Sprint von null auf 100 km/h in 9,4 Sekunden. In der Spitze sind es 208 km/h. Die sehr gute Geräuschdämmung der Radhäuser reduziert die Abrollgeräusche fast perfekt, auch das Windrauschen bei höherem Tempo ist in Ordnung. So fällt der Motor aber eher als lärmig auf, auch die Wandlerüberbrückung der Automatik verhindert sein häufiges Hochdrehen bei Leistungsabruf nicht. Dabei klingt die Maschine öfter angestrengt. Wie auch immer, die reinen Fahrleistungen sind für diese Klasse im Normalbereich.

 

Beim Verbrauch zeigt der Vierzylinder keine Zurückhaltung. 8,9 Liter gibt Borgward als Normkonsum an, bei einer kurzen Ausfahrt rund um den Unternehmenssitz in Stuttgart herum zeigte der Bordcomputer allerdings Werte um 12 Liter auf 100 Kilometer. Außerdem erfüllt der aktuelle BX7 nur die Abgasnorm Euro 6b, aber ab Herbst gilt Euro 6d-Temp. 2019 soll eine elektrisch angetriebene Variante kommen, geplant ist obendrein ein Coupé, das unter dem Kürzel GT läuft.

 

Auch dieses wird eine Federung bekommen, die zwar weich abgestimmt ist, aber vor kräftigen Stößen kapitulieren muss. Schlechtere Beläge bringen den BX7 in Unruhe. Die Lenkung ist auch kein mustergültiges Beispiel für Präzision, sie arbeitet mit viel Servounterstützung und eher indirekt, wie man es von manch einem US-Fahrzeug kennt. Bestens sind die Bremsen, die wohldosiert und nicht ohne Biss operieren.

 

Der BX7 TS Limited Edition ist komplett ausgestattet. Ein Panoramadach aus Glas, Klimaautomatik, Navigation, DAB-Tuner, 360-Grad-Kamera und TFT-Cockpit-Display gehören zur Serie. 4G-Internetverbindung, ein WLAN-Hotspot sowie die Fernbedienung von Fenstern und Verriegelung per Smartphone sind ebenso bei Borgward mit an Bord. Erst Ende des Jahres soll der BX7 mit verringertem Umfang angeboten werden, dann dürfte es unter 40.000 Euro los gehen.

 

Die Details der Marken-Renaissance sind schnell erzählt. Der Borgward-Enkel Christian hat mit Helfern den chinesischen Nutzfahrzeug-Giganten Foton als Investor gewinnen können, als Unternehmensleiter wurde der ehemalige Daimler-Manager Ulrich Walker eingestellt. Der Sitz der Firma ist Stuttgart, dort wurde der BX7 entwickelt, gebaut wird er in China. Im volumenträchtigen Markt der Volksrepublik passt das SUV gut ins Bild. Den klangvollen Namen kennt dort niemand. Bei uns birgt er allenfalls für ältere Autofahrer noch einen gewissen Wohlklang, die sich an Baureihen wie Isabella oder Hansa erinnern. Die aber setzen eher auf Angebote aus der Heimat, wenn es günstiger sein soll, auf Fahrzeuge aus Japan oder Südkorea. Leicht wird es Borgward bei uns nicht haben. (ampnet/TX)