Kleiner Wilder aus dem Hause Ford.




Etwas Schminke schadet nicht. Sie soll Hübsches schöner machen oder weniger Schönes zumindest ansehnlich. Beides hat der Ford Fiesta im Grunde nicht nötig. Aus der im Sommer 2017 eingeführten 8. Generation des Verkaufsschlagers ist ein strammes Kerlchen geworden. Mit 4,12 m, kaum noch ein Kleinwagen, guckt der Fiesta selbstbewusst in die Welt.

 

Neben den konventionellen Ausstattungsversionen Trend, Titanium und Vignale bietet Ford die sportlich gestaltete ST Line an, die Attribute des bald erscheinenden Kraftzwergs Fiesta ST mit 200 PS zu Markte trägt. Mit tieferem Fahrwerk, 2-farbig lackiert und wuchtigen Stoßfängern samt Diffusor und Dachspoiler am Heck, geht der kleine Wilde ins Rennen...

 

Wir waren mit der mittleren Leistungsstufe des mehrfach prämierten 1,0-Liter Ecoboost-Turbobenziners unterwegs, die 125 PS anbietet und 170 Nm Drehmomentspitze von 1.400 bis 4.500 U/min bereitstellt. Nach dem Anlassen per Startknopf ist der Dreizylinder direkt aktiv, munter und agil beschleunigt der Motor den unbeladenen 1.164 kg wiegenden Fiesta in 9,9 Sekunden von 0 auf 100 km/h. Das manuelle 6-Gang-Getriebe lässt sich flink und präzise schalten, die Wege des kurzen Hebels sind nicht zu lang und erleichtern den schnellen Gangwechsel. Was erfreulich ist, denn Schaltarbeit tut gerade im Stadtverkehr not. Denn so sehr sich der Dreizylinder auch schon im unteren Drehzahlbereich ins Zeug legt, so lautstark wird es dabei. Zwischen 1.500 und gut 1.700 Touren bestimmt Dröhnen die Kulisse. Zu allem Überfluss ist die Getriebeabstufung so ausgefallen, dass der dritte Gang in der verkehrsberuhigten 30iger-Zone genau diesen Drehzahlbereich trifft, bei Tempo 50 in der Stadt wird die Wahl des vierten Gangs mit kräftiger wummernden Frequenzen quittiert. Auch die Höchstgeschwindigkeit von 195 km/h erreicht der Fiesta wegen der insgesamt langen Übersetzung im sechsten Gang nur mit Mühe und viel Anlauf, im fünften geht es besser. Auf Wegen durch die Stadt waren so Werte um 6,5 Liter die Regel, bei Überlandfahrten begnügte sich der Turbobenziner mit 5,4 Liter, 5,8 Liter Konsum ermittelten wir schließlich als Durchschnittsverbrauch. Die 42 Liter Tankinhalten bieten also Weite.

 

Die Federung des ST-Line ist knackig abgestimmt, schrammt allerdings elegant an der Grenze zu mangelndem Komfort vorbei. Die Karosserie liegt tiefer über dem Asphalt als bei den zivilen Kollegen, klar geringere Wankbewegungen und eine leichtgängige, gefühlvolle Lenkung machen die beschwingte Kurvenfahrt zum Vergnügen. Dabei hält der Fiesta eine Überraschung bereit. Wer in der Kurve vom Gas geht, provoziert einen Lastwechsel und ein sanft aus dem Ruder laufendes Heck. Das stört per eingreifendem ESP nicht weiter, steht vielmehr für ein agiles Verhalten.

 

Die Fondtüren, sie sind mit 800 Euro Aufpreis zu erkaufen, machen den Fiesta fit für den Alltag und kleinkindtauglich. 292 Liter Volumen hat der Kofferraum, 1.070 Liter sind es, wenn bei geklappten Rückbanklehnen geladen wird. Eher wenig taugt die dünne Gepäckraumabdeckung. Ihre Aufhängung an zwei Strippen, die sie beim Öffnen der Heckklappe nach oben ziehen, quittierten ihren Dienst, als nur etwas Spannung einsetzte.

 

Die Platzverhältnisse sind vorne richtig gut angemessen, hinten kommen 2 Mitfahrer noch halbwegs komfortabel unter, auch wenn sie ihre Beine sorgsam sortieren müssen. Die Kopffreiheit ist gut, Berührungen bleiben auch bei größeren Passagieren eher die Ausnahme und stellen dank der Dachverkleidung aus weichem Webstoff keine Bedrohung dar. Sportsitze für Fahrer und Beifahrer gehören ebenso zum Serienstandard, sie geben dem Oberkörper bei Querbeschleunigung guten Halt, die Rückenlehnen sind trotz der Lordosenstütze für den Fahrer nach unserem Geschmack zu weich. Immerhin lassen sie sich mit einem Rändelrad punktgenau, weil stufenlos, in den richtigen Winkel bringen. Für eine perfekte Position sorgt überdies die 2-Wegeverstellung des Lenkrads. Das ist mit Leder ummantelt und unten abgeflacht, die Belegung ist hier maß- und sinnvoll.

 

Ausgestattet ist der Fiesta ST Line beim Basispreis von 20.950 Euro u.a. mit Klimaanlage, LED-Tagfahrlicht und -Rückleuchten, City-Notbremse, Bordcomputer und Fahrspurassistent. Noch einmal 300 Euro werden für die 2-Farbenlackierung fällig, das Styling-Paket in Carbon-Grau gibt es für 700 Euro. Einen adaptiven Tempomat, Verkehrsschildererkennung, Fernlicht-Assistent und Müdigkeitswarner gibt es im Ensemble für 600 Euro. Das „Cool & Sound“-Paket umfasst eine B&O-Audioanlage samt Navi-System und Digitalradio und kostet 1.250 Euro, die Beheizung des Lenkrads, der Vordersitze und der Frontscheibe lässt sich Ford mit 500 Euro bezahlen, die Rückfahrkamera mit Parkpilot gibt es für 620 Euro...

 

Sehr empfehlenswert ist auch der Türkantenschutz für 150 Euro, welcher Lackbeschädigungen am eigenen und an fremden Fahrzeugen beim unachtsamen Türöffnen wirksam verhindert. Diese und ein paar weitere Extras lassen den Preis auf 26.945 Euro steigen, damit ist der sportliche Kleinwagen kein Schnäppchen mehr. Das gesamte Komfortangebot und die recht ordentlichen Fahrleistungen sprechen für diesen Fiesta. (ampnet/TX)