Kleines China-SUV für die Steckdose.




Was tun, wenn ein Hersteller nach Jahrzehnten fast plötzlich den Export nach Europa einstellt? Zum einen holt die Lada Automobile GmbH den Markenbestseller 4x4 nun als Reimport weiterhin ins Land, zum anderen stellt man sich in Buxtehude als Importeur für neue Marken auf. Und die Norddeutschen blicken dabei vor allem nach China!

 

Nach dem 2-sitzigen E-Microcar D2S von Zhidou, das es auch in einer Version mit 105 km/h gibt, folgt nun ein elektrisches SUV im B-Segment. Der JAC e-S2, auch aus China, bietet vollwertige E-Mobilität und wird nach Abzug aller Förderungen für 23.420 Euro kaufen sein.

 

Der JAC (Jianghuai Automotive Group Corp.) ist seit 5 Jahren in China auf dem Markt, die E-Version seit etwa 3 Jahren. Das 4,14 m lange E-SUV erinnert in der Seitenansicht entfernt an den Hyundai ix35, während die Frontmitte ein wenig dem Hyundai Kona Elektro ähnelt. Das Design wirkt für die Klasse eher unauffällig, aber zeitgemäß.

 

Der JAC e-S2 wird von einem 116 PS Motor getrieben, der mit 270 Nm Drehmoment aufwartet. Die Lithium-Batterie hat eine Kapazität von 40 kWh. Als Reichweite nach WLTP werden 275 km angegeben. Uns zeigte der JAC bei 83 Prozent Batteriekapazität eine Restreichweite von 203 km an, die sich durch Druck auf die etwas versteckt liegende Eco-Taste auf 217 km steigern ließ. Nach 11 km Fahrt lag die Batteriekapazität bei 79 Prozent. Weitere 14 km später standen bei 2 Grad Außentemperatur 71 Prozent und 181 km Eco-Restreichweite respektive noch 167 km für den Standardmodus im Display. Das spricht für die Technik!

 

Rätsel gibt die Bedienung nicht auf. Das Powermeter ist leider horizontal ausgerichtet und muss ganz ohne hilfreiche Farbakzente auskommen. Die linke Punktreihe ist Öko, die rechte ist Power. Die Rekuperation ist im JAC e-S2 erstaunlich kräftig und setzt sinnigerweise auch erst nach einer Gedenksekunde ein, denn schließlich will man nicht gleich nach jedem „Fuß-vom-Gas-nehmen“ in die Eisen gehen.

 

Das Fahren selbst geht leicht von der Hand. Die Beschleunigung wirkt subjektiv etwas stärker als sie ist. In 4,5 Sekunden sprintet der e-S2 auf Tempo 50, bis 100 km/h vergehen gut 12 Sekunden. Bei 130 km/h wird weiterem Vortrieb ein Riegel vorgeschoben, wobei der Tempomat noch für 120 km/h ausgelegt ist. Die 116 PS und 270 Nm reichen allemal, um bei feuchter Fahrbahn und Temperaturen um die 2 Grad zu Winterreifen zu raten. Unser noch sommerbereiftes Vorführmodell quittierte den allzu flotten Ampelstart mit durchdrehenden Vorderrädern und allzu forsches Abbiegen in der Stadt mit dem Schieben über die Vorderachse.

 

Wie bei vielen chinesischen Modellen wünschen sich westliche Fahrer allerdings etwas mehr Spielraum bei den Verstellmöglichkeiten von Sitz- und Lenkradhöhe. Selbst in der allertiefsten Position des Sitzes und der höchsten des Lenkrads könnten bis zu 3 cm mehr an Abstand zwischen Lenkradkranz und Oberschenkeln nicht schaden. Die Platzverhältnisse im Innenraum sind aber akzeptabel. Hinten geht es naturgemäß etwas enger zu, wobei die modisch leicht abfallende Dachpartie die Kopffreiheit etwas einschränkt und auch die Beinauflage größer sein könnte. Aber für lange Fahrten ist der JAC e-S2 ja ohnehin nicht gedacht und also auch nicht gemacht. Ein Kofferraumvolumen gibt der deutsche Prospekt nicht an, aber die Größe des Gepäckabteils ist für ein Fahrzeug dieser Klasse in Ordnung. Zur Not lässt sich die hintere Rückenlehne umklappen. Eine unpraktische Stufe muss aber in Kauf genommen werden.

 

Die Passagiere erwarten Ledersitze, ein weichgepolstertes Dashboard und Karbon-Imitat an der Türverkleidung. Hier sollten allerdings bei der Materialanmut keine europäischen Maßstäbe angesetzt werden... Der Fahrer darf sich über eine ausklappbare Mittelarmlehne und auch eine elektronische Parkbremse inkl. Auto-Hold-Funktion freuen, auch hinten gibt es elektrische Fensterheber. Eine Klimaanlage ist ebenfalls an Bord. Ungewöhnlich ist das Brillenfach positioniert: Es findet sich beim Fahrer dort, wo sonst der Haltegriff im Dachholm sitzt. In der Mittelkonsole gibt es einen USB-Anschluss und einen Extraschlitz für die Ladekarte oder das Parkticket. Das Infotainmentsystem (ohne Navi) besteht aus einem 8,0 Zoll großen Touchscreen mit Mirror-Link für Smartphone-Apps. Die Optionsliste umfasst beispielsweise Sportsitze, Sitzheizung sowie eine 360-Grad-Kamera mit Bird-View-Funktion, die beim Setzen des Blinkers im Stadtverkehr auch noch zur jeweiligen Fahrzeugseite schaut.

 

Eine Vollladung soll ca. 11 Stunden an einer Haushaltssteckdose dauern und gut 5 Stunden für eine Teilladung von 15 auf 80 Prozent. Und an der Schnellladesäule soll der Akku innerhalb von 60 Minuten von 0 auf 80 Prozent seiner Kapazität gebracht werden können bzw. in deutlich unter 50 Minuten bei einer Restkapazität von wieder 15 Prozent.

 

33.790 Euro lautet der aktuelle Hauspreis. Mit Bonus und Prämie sind es 10.000 Euro weniger. Für das Geld finden sich bei vielen Lada-Händlern mittlerweile auch chinesische Kompakt-SUV mit 1,5-Liter Benziner. Und mit dem Seres 3 gibt es ein weiteres, 163 PS starkes E-SUV mit einer Normreichweite von mehr als 300 km und für unter 30.000 Euro. (ampnet/TX)