Land Rover Defender: Kein Stück der Geschichte!


Vor 4 Jahren verabschiedete sich der Land Rover Defender, mit dem vor 71 Jahren die Geschichte des Allradspezialisten begann. Ausgerechnet der von der EU definierte Fußgängerschutz besiegelte das Ende. Der urige Pfadfinder war zwar zu einer Art rollendem Fossil mutiert, doch das hinderte seine Fans nicht, sein Hinscheiden zu beklagen.

Land Rover Defender

Land Rover


Damals hatte bereits die Entwicklung des Nachfolgers begonnen. Wobei „Nachfolger“ wohl das falsche Wort ist. Der Wagen trägt zwar auch den Namen und besitzt diese typischen Eigenschaften im Gelände, doch da endet auch schon die Gemeinsamkeit. Der Defender ist ein vollkommen neues Modell und rollt im Gegensatz zu seinem Vorgänger beim Design und Technik auf der Höhe der Zeit. Er feierte seine Premiere auf der IAA 2019. „Wir haben ganz bewusst auf ein Retrodesign verzichtet, weil wir nicht in einer Nische stehen bleiben wollten“, beschreibt ein Sprecher die Entwicklung des Modells. Gerry McGovern, Land Rover Design-Direktor: „Der neue Defender erweist der Vergangenheit Respekt, aber lässt sich nicht von ihr fesseln“.

 

Der Defender kommt mit einem knackigen Design zu den Kunden, reiht sich trotzdem nahtlos in die Designsprache der Marke ein. Die kurzen Überhänge vorne und hinten ermöglichen beste Böschungswinkel, und die bewusst reduzierten Scheinwerfer und Heckleuchten sollen klar die Erinnerung an den Klassiker wecken. Auch die seitlich angeschlagene Hecktür und der hinten befestigte Reservereifen nehmen die praktischen Eigenschaften des Ur-Defender auf. Dank des an der Hecktür montierten Reservereifens blieb die für Geländefahrten wichtige Bodenfreiheit voll erhalten. Trotz des wuchtigen Auftritts erreicht der neue Land Rover den vergleichsweise guten Luftwiderstandsbeiwert von 0,38.

 

Im Innenraum müssen sich die Defender-Freunde an eine bisher dort nicht angetroffene Eigenschaft gewöhnen: Komfort. Vorbei die Zeiten, da der Ellbogen des Fahrers gegen die Blechverkleidung der Tür schlug, jede Unebenheit der Straße in Echtzeit übermittelt wurde und Gespräche dank der akustischen Rückmeldung von Fahrwerk und Antrieb schwer möglich waren. Der Defender kommt jetzt mit üppigen Platzverhältnissen und edlen Materialien zu den Kunden. Die Türen schließen hier nun mit einem „Plop“ anstelle eines blechernen „Peng“. Im Innenraum erinnern aber die verschraubten Türverkleidungen und sehr leicht zu reinigende Materialien an den Pfadfinder von einst. Zwar gaben sich die Kreativen der Briten alle Mühe, dem rustikalen Charakter der Baureihe gerecht zu werden, doch täuscht das nicht darüber hinweg, dass aus dem einst als Arbeitsgerät entwickelten Fahrzeug ein Modell mit SUV-Eigenschaften geworden ist. Der Defender hat die Wüste hinter sich gelassen, stürzt sich nun in den Stadt-Dschungel. Das wird die Fans des Modells auf den ersten Blick verstören, doch gleichzeitig werden sich wahrscheinlich so neue Kundenkreise eröffnen, die genau diese Kombination aus urigem Auftritt und Komfort suchen.

 

Der Land Rover kommt zunächst als 110 mit langem Radstand (3,00 m) und einer Länge von 4,75 m auf den Markt. Die Version 90 (4,30 m) folgt später. Beide Varianten können mit drittem Sitz vorne geordert werden, so dass dann sechs oder sieben Erwachsene im 110 Platz finden. Wird dieser nicht gebraucht, verwandelt sich der Mittelsitz in eine Konsole mit großzügigen Armlehnen, von denen die älteren Freunde des Klassikers nicht einmal gewagt hätten zu träumen. Auch die edle Audioanlage ist ein radikaler Wechsel vom einfachen Radio ins Heute.

 

Der Land Rover Defender basiert auf einer leichten Alu-Monocoque-Konstruktion und besitzt, so die Werksangaben, die steifste Struktur bei der Karosserie, die Land Rover jemals entwickelt hat. Sie bildet die Basis für die Einzelradaufhängung mit Luft- oder Schraubenfederung sowie für elektrifizierte Antriebe. Neben einem milden Hybrid mit 48 Volt-Anlage wird im Laufe des Jahres 2020 ein Plug-in-Hybrid nachgeschoben. Nicht nur die Komfortwerte sind für die hartgesottenen Defender-Fans wohl gewöhnungsbedürftig, die neue Generation des Klassikers kommt auch mit allen heute denkbaren Konnektivitätslösungen daher. „Der Defender ist ständig online und immer connected“, erklärt dazu der verantwortliche Ingenieur, also Alex Heslop.

 

Zur Markteinführung stehen vier Triebwerke bereit. Der Diesel ist ein 2,0-Liter Vierzylinder mit 200 PS oder 240 PS. Der 2,0-Liter Benziner leistet 300 PS, und als Spitze steht ein 400 PS starker Sechszylinder in der Preisliste. Diese Kraft wird mittels 8-Gang-Automatik an die vier Räder übertragen. Die Preisliste für den Defender beginnt bei 49.700 Euro für den 90 und 55.600 Euro für den 110. Dabei wird es kaum bleiben, denn allein 170 Accessoires und vier Ausstattungspakete bieten eine Vielzahl von Möglichkeiten, den Defender individuell zu gestalten. (ampnet/SW)