Meister der Beherrschung.




Unter den wohl schönsten Kombis seiner Klasse ist der Volvo V90 wohl der eleganteste, unabhängig von der Art des Antriebs. Unser Exemplar, ein B5 Mildhybrid. Also ein Benziner mit Startergenerator, welcher den Verbrenner bei der Stromproduktion entlasten und bei Zwischensprints unterstützen soll. Vorweg: Dies ist gelungen!

 

Erstmals erleben wir ein Auto, das mit 245 PS die Marke von 100 km/h in nur 6,9 Sekunden übersprintet, aber bei 180 km/h ist generell Schluss...

 

Offensiv sieht Volvo die Selbstbeschränkung als weiteren Beweis dafür, dass dem Unternehmen auch heute die Sicherheit der Passagiere über alles geht. Volvo und seine Sicherheitstechnik.

 

Jeder ist ein Individualist, ein Datenschützer und immer auch der junge Mensch mit Spaß an Kraft und Geschwindigkeit. Selbst wenn man längst alt genug für einen so großen Wagen wie einen Volvo V90 ist, bleiben Beschleunigen und Schnellfahren reizvoll. Wenigstens im Geheimen ist Teil der Kaufentscheidung für ein großes Auto: Je größer und schneller, desto weniger können andere mich hinter sich lassen; wenn ich es will.

 

Als sich alle deutschen Autobauer zur Grenze von 250 km/h bekannten, warnten einige Stimmen eindringlich davor, weil Wettbewerber sich nicht daran hielten. Für die Autofahrer waren 250 km/h damals ein Traum aus einer anderen Welt. Heute aber fahren schon Kleinwagen schneller als 180 km/h. Da läuft die Diskussion mittlerweile auf einem neuen Niveau. Umso spannender die Frage, wie es uns auf der Autobahn in einem V90 mit gebremsten Schaum denn ergehen würde?

 

Tagsüber verläuft alles glatt, kein Stau, aber dichter Verkehr. Die 252 PS werden nur ab und an für Zwischensprints geweckt. Mit einer 100 km/h im Durchschnitt erreichen wir nach 370 km unser Ziel. Zurück am Abend, kaum Verkehr. Vor uns: Die Kasseler Berge. Also Hügel, aber mit vielen, schnellen Kurven und auf weiten Strecken mit freier Geschwindigkeit...

 

Die Sache mit der gedeckelten Höchstgeschwindigkeit hatte ich längst verdrängt, bis ich in die erste Kurve einfahre, sonst gut für „pedal to the metal“. Jetzt aber trete ich in ein Loch. Kein Sprit? Dann das Erinnern: Das soll so sein. Ich bleibe voll auf dem Gas und sehe die Nadel sich bei etwas über 180 km/h festsetzen. Und dann bremst der Volvo mich kurz vor der Kurve auf 160 km/h runter. Hat der Kombi eines der prediktiven Systeme an Bord, die sich von der Navi-Software vorschreiben lassen, wie schnell man die Kurve durchfahren kann?

 

Jetzt ist ein guter Zeitpunkt, sich zu empören. Verantwortungslos ist es, so schnell fahren zu wollen und dabei, wenn schon nicht andere, dann doch sich selbst zu gefährden. Mir bringt das ab und an viel Spaß, und ich habe nicht vor, mich dafür zu rechtfertigen. Und: Es ist dort gestattet!

 

Das sportliche R-Design mit den großen 20 Zöllern, schwarzen Akzenten außen und noch mehr im Inneren, mit den ins Auge fallenden attraktiven Leder-Sportsitzen wecken andere Erwartungen als auferlegte Disziplin. „Schnelles“ Design als Ersatzbefriedigung, dazu ein 2,0-Liter Turbo mit 350 Nm Drehmoment für die druckvolle Beschleunigung trösten mit 6,9 Sekunden für den Standardsprint über das Wissen hinweg, dass immer bei 180 km/h jede „wilde Fahrt“ ein Ende hat.

 

Bis zu dem Punkt, an dem sich der Fahrer gegen Vollgas entscheiden muss, vermitteln Ambiente, Fahrverhalten und Motor den Eindruck, wie man ihn von einem modernen Premium-Mobil erwartet. Beim Volvo V90 ist  alles gediegen, skandinavisch gestylt und nicht nur mit den Sitzen, sondern u.a. auch mit großen Karbonelementen in der sportlichen Ecke verortet. Dazu passt das recht kleine, griffige Lenkrad, von dem aus die üblichen Funktionen gesteuert werden können, inkl. Sprachsteuerung...

 

Der Volvo V90 im R-Design ist auch als B5 mit dem Mildhybrid ein Auto, das jede Designausstellung schmückt. Bei der Bedienung gibt es noch Optimierungsspielräume, vor allem die 180 km/h sind eine Kopfsache. Beim Preis darf man jedoch keine Optimierung mehr erhoffen, aber hier befindet sich der Schwede in seiner Klasse. (ampnet/TX)