Mercedes 280:


Vor etwa 50 Jahren stellt Daimler in Sindelfingen die neu entwickelten Limousinen der oberen Mittelklasse vor. Aufgeteilt auf die Baureihen W 115 (Vier- und Fünfzylinder) und W 114 (Sechszylinder). Die Modellreihe aus der Ahnenreihe der E-Klasse überzeugt immer noch mit klarer Form sowie einem gegenüber der Oberklasse eigenständigen Design.

Mercedes 280

Daimler


Der Erfolg des „Strich-Acht“, wie Fans die Generation nach dem Zusatz „/8“ in der Typenbezeichnung später nennen, ist überwältigend: Erstmals wird eine Fahrzeugfamilie mit dem Stern zu einem Zulassungsmillionär!

 

Die Baureihe löst die 1961 eingeführten „Heckflossen“-Limousinen mit Vierzylindermotoren (W 110) ab. Unter der neuen Betitelung entstehen neben den Limousinen auch Coupés, Limousinen mit langem Radstand und Fahrgestelle für Sonderaufbauen. Heute ist der „Strich-Acht“ eine begehrte klassische Baureihenfamilie der Stuttgarter Marke. Besonders attraktive Exemplare finden sich auch regelmäßiger im Angebot von All Time Stars, dem Fahrzeugangebot von Mercedes-Benz Classic.

 

Die Baureihen W 115 und W 114 gleichen sich in den Abmessungen, nur durch Ausstattungsdetails sowie Kühlergrill- und Stoßstangenvarianten zu unterscheiden. Zur Markteinführung sind die Diesel-Typen 200 D und 220 D sowie die Modelle 200, 220, 230 und 250 mit Benziner erhältlich.

 

Mercedes stärkt mit dem „Strich-Acht“ das Profil dieses Marktsegments, das in Untertürkheim viel später „E-Klasse“ genannt wird. Die Stuttgarter komplettiert die Familie noch im selben Jahr um Coupés (Einführung im November 1968) und Limousinen mit langem Radstand (Einführung im Dezember 1968). Damit bietet Mercedes nun ein umfassendes Portfolio an Karosserieformen und Motorisierungen in der Mittelklasse an.

 

Dazu kommen technische Neukonstruktionen wie die hintere Diagonal-Pendelachse. Mit ihr erreichen die Ingenieure das Ziel, diesen typischen Fahrkomfort mit besseren Fahreigenschaften zu verbinden. „auto motor und sport“ schreibt im Heft 4/1968 über W 115 und W 114: „Der nasse und vereiste Hockenheimring bestätigte die auf der Targa Florio-Strecke gemachten Erfahrungen: Die Fahrstabilität ist mit der neuen Achse klar verbessert worden“. Den Gesamteindruck des „Strich-Acht“ bringt diese Überschrift des Beitrags auf den Punkt: „Die wohlkalkulierte Perfektion“.

 

Die Entwicklung der neuen Fahrzeuggeneration hatte 1961 begonnen. Prof. Dr. Fritz Nallinger, Entwicklungsvorstand in der Daimler-Benz AG, setzt sich von Anfang an dafür ein, den neuen Typ deutlicher als bisher von den Oberklassefahrzeugen zu unterscheiden. Dies ist das Ende der Einheitskarosserie, wie bei den „Ponton“- und „Heckflosse“ -Limousinen umgesetzt. Das Lastenheft sieht ein gegenüber dem W 110 kompakteres Fahrzeug vor, das jedoch innen den gleichen Raum bietet. Zudem sollen neue Fahrwerkskonstruktionen die Fahreigenschaften verbessern. Früh ist klar, dass die Antriebe bis zu Sechszylinder-Aggregaten gehen.

 

Es entsteht eine Limousine mit harmonischen Proportionen, und zudem sicher. Die Entwicklung in der passiven Sicherheit überprüft Mercedes u.a. mit 26 Unfallversuchen. Die Tests zeigen, dass der „Strich-Acht“ die damaligen US-Normen für eine Kollision bei 30 Meilen pro Stunde mit 100-prozentiger Überdeckung nicht nur erfüllt, sondern gar weit übertrifft.

 

Das Fahrwerk ist gegenüber dem W 110 ebenfalls weiterentwickelt. Die beiden Fahrschemel sind über weiche Gummilager mit der Karosserie verbunden. An der Vorderachse reduzieren Doppelquerlenker mit einer Drehachse das Eintauchen des Vorderwagens bei scharfem Bremsen. Hinten kommt die neu konstruierte „Diagonal-Pendelachse“ zum Einsatz. Sie reduziert Spur- und Sturzveränderungen in Kurven sowie beim Ein- und Ausfedern. Erstmals in der oberen Mittelklasse von Mercedes sind alle vier Räder direkt mit Scheibenbremsen ausgestattet. Servolenkung und eine hydraulische Niveauregulierung gibt es zudem optional.

 

Der „Strich-Acht“ erweist sich als das Erfolgsmodell: In Summe baut der Konzern 1,8 Millionen Fahrzeuge. Und von allen Karosserien zusammen werden sogar über 1,9 Millionen Exemplare verkauft. Dazu passt, dass der 2-millionste seit 1946 produzierte Mercedes-Benz Pkw ebenfalls ein „Strich-Acht“ ist. Die Limousine des Typs 220 D läuft am 9. Mai 1968 im Werk Sindelfingen vom Band. 1976 endet die Produktion dann. (ampnet/SW)