Mercedes-Benz EQV:


Es ist viel Erfahrung im neuen Mercedes-Benz EQV, dem E-Pendant zur V-Klasse: Schon vor beinah einem Jahrzehnt gab es mit dem Vito E-Cell eine vollelektrische Kleinserie, die auf der Vorgängerbaureihe basierte. Und mit der für gut 70.000 Euro angebotenen Großraumlimousine EQV wagt Daimler den großen Wurf.

Mercedes-Benz EQV

Daimler


Der EQV hebt sich mit sparsam gesetzten Akzenten stilistisch geschickt von der V-Klasse ab: Der Frontkühler wird durch eine schwarze Fläche umrahmt, die optisch reduzierte sowie geschlossene Frontpartie ähnelt damit dem vollelektrischen SUV-Schwestermodell EQC ebenso wie den kommenden Pkw-Baureihen EQA, EQE und EQS. Das prinzipiell von der V-Klasse übernommene, klassisch-elegante Interieur lässt sich allein mit einem optionalen Designpaket aufwerten: Dies wartet mit roségoldenen Akzenten und einer speziellen, blau gefärbten Oberflächenstruktur auf, die sich superweich anfühlt und metallisch glänzt.

 

Fahrer und Beifahrer sitzen aufrecht und wie in einem Kastenwagen, die Instrumentierung und Bedienung entstammt jedoch den Pkw-Baureihen, wobei Komponenten unterschiedlicher Technikgenerationen zum Einsatz kommen: Die Instrumente vor dem Fahrer weisen noch eine teilanaloge Tubenoptik auf, dafür ist der Zentralbildschirm berührungsempfindlich, und leider gibt es statt des präzisen Dreh-Drück-Stellers im EQV nur ein Touchpad. Positiv ist, dass sich der Spurhalteassistent per Knopfdruck abschalten lässt. Das Infotainment-System wiederum könnte sich das Duzen gerne abgewöhnen, oder glaubt Daimler, dass nur Personal am Steuer eines EQV Platz nimmt?

 

Das Raumangebot des EQV, den es auch in einer um 22 cm längeren Version gibt, ist riesig. Optisch und haptisch entspricht das Interieur den Oberklasse-Ansprüchen von Daimler, auf allen Sitzreihen. Die Sitze sind bequem und bieten ausreichend Seitenhalt, und für akustischen Komfort sorgt eine optionale Hifi-Anlage von Burmester. Übrigens gibt es für 305 Euro ein Akustikpaket, das nicht nur zusätzliches Dämm-Material enthält, sondern nach Auskunft des Herstellers „den Antriebsstrang dahingehend optimiert, dass weniger Vibrationen hier entstehen“.

 

Man sollte diese Ausgabe nicht scheuen, denn die Erwartungshaltung an die Akustik eines E-Antriebs ist hoch. Ein konventioneller Schlüsseldreh versetzt den vorne platzierten, 204 PS starken E-Motor in Bereitschaft, und praktisch vom Start weg steht das volle Drehmoment von immerhin 362 Nm zur Verfügung. Das genügt, um den über 2,7 t schweren Van mit Vehemenz in Bewegung zu setzen.

 

Die fast lautlose Beschleunigung lässt den EQV bei Stadttempo zügig beschleunigen, auch auf der Landstraße gehen Überholmanöver ohne große Vorausplanung. Bei 140 km/h ist aber Schluss mit dem Vortrieb, es sei denn, man bestellt ab Werk gleich die 160 km/h. Dies kostet nur 174 Euro Aufpreis und damit einen Bruchteil dessen, was beispielsweise bei AMG für eine erhöhte Abregelung fällig wird.

 

Der Rekuperationsgrad des E-Antriebs wird über die Assistenzsysteme, Kameras und die Navigationsdaten automatisch geregelt, lässt sich aber auch in 4 Stufen manuell regeln, und so ist von sanftem Rollen bis zum Ein-Pedal-Fahren mit starker Bremswirkung beim Gaswegnehmen alles möglich. Der Charakter des E-Antriebs ist von sportbetont bis effizient mehrstufig regelbar, die Reichweite liegt bei bis zu 418 km. Selbst bei scharfem Fahrstil mit schnellen Etappen auf der Autobahn sind noch 250 km drin. Und da mit bis zu 110 kW nachgeladen werden kann, hält sich der Zeitverlust durch die Ladestopps in Grenzen, zumindest, wenn eine DC-Schnelladestation benutzt wird.

 

Doch wer sich für einen E-Van entscheidet, weiß, worauf er sich einlässt. Der Mercedes-Benz EQV ist heute das schönste und überzeugendste Angebot, mit seiner großen Reichweite und den von Daimler gebotenen Ladesystemen auch das alltagstauglichste. Die schärfste Konkurrenz könnte aktuell aus dem eigenen Haus kommen: Der Mercedes-Benz e-Vito Tourer verfügt über die gleiche Karosserie und den gleichen Antrieb, für rund 15.000 Euro weniger. Doch der Aufpreis für den EQV ist gut angelegt: Er bietet eine völlig andere Innenausstattung, mehr Komfort, und das Design und Prestige der EQ-Familie. (ampnet/TX)