Mini Cooper S 5-Türer: Reichlich Platz!


Dass die Automobilindustrie durch ihr Design den Kunden-Geschmack beeinflusst, ist hinlänglich bekannt. Dass sie auch sprachbildend wirkt, dagegen neu: Das Fahrzeug, das in England als Mini „4-Door“ verkauft wird, heißt aber bei uns „5-Türer“. Im Fahrbericht geht es aber nicht um Zahlenspiele, sondern um objektive Tatsachen und subjektive Eindrücke!

Mini Cooper S 5-Türer

Noch hat die neue Karosserievariante nicht zum spürbaren Zuwachs im mittlerweile zur Großfamilie gewachsenen Modellportfolio der Marke Mini geführt. Weltweit wurden 2014 rund 302.000 Autos verkauft, was einem Rückgang um knapp ein Prozent gegenüber dem Vorjahr entspricht. Weil beim 3-Türer ein Kindersitz so schwer auf die Rückbank zu bauen ist, musste ein 5-Türer her. Und dieser überragt den 3-Türer der ersten Generation sogar um beachtlich 16 Zentimeter. Der Mini wird zum Midi.

 

Nicht die Länge fordert Umgewöhnung. Zwei große Unterscheidungs-Merkmale gegenüber dem Vorgänger offenbaren sich dem Fahrer oder der Fahrerin kurz nach dem Einsteigen und, wenn die erste Tankfüllung aufgebraucht ist. Der Skalentacho rückte von der Mittelkonsole hinter den Lenkradkranz, nämlich dorthin, wo die meisten ihn suchen. Und an der Tankstelle parkt man jetzt sinnvoller Weise links neben der Säule, denn die BMW-Architektur gibt die Positionierung des Einfüllstützens vor.

 

In Deutschland ist die Cooper S-Version die beliebteste im Programm, weshalb er auch für diesen Test ausgewählt wurde. Der 2-Liter Benziner leistet 192 PS. Wer zusätzliche Leistung nicht braucht und den weiteren Kostenaufwand für eine „John-Cooper-Works“-Variante vermeiden will, kann sich die Sport-Optik auch für 100 Euro extra in Gestalt eines JCW-Lederlenkrades ins Cockpit holen. Mit einem 6-Gang-Automatikgetriebe sorgte der Testwagen für die exakte Zuteilung der Antriebskraft an die Vorderräder. Sein enormes Temperament, das schon bei geringerem Gaszufluss freigesetzt wird, speist sich aus dem sehr früh vorhandenen max. Drehmoment, bereits ab 1.250 Umdrehungen ist es voll verfügbar.

 

Zum wiederholten Male dieses direkte Lenkgefühl, diese unmittelbare Reaktion auf Gasbefehle oder das agile Fahrverhalten zu preisen, soll hier nicht die Stelle sein. Dieses Hersteller-Versprechen einzulösen fällt den höher motorisierten Minis von jeher leicht. Nur die Abweichung vom Gewohnten wäre erwähnenswert. Die Möglichkeit, die Kennlinien von Gaspedal und Schaltung zu variieren und das Erlebnis je nach Lage zu beeinflussen, ist aber ein Fortschritt, der nicht ungenannt bleiben sollte. „Maximales Gokart-Feeling“ kündigt das Display des zentralen Monitors bei Wahl des Sport-Modus an. Dadurch werden die Kennlinien verändert sowie die Schaltdynamik des Steptronic-Getriebes. In der Konsequenz werden die Fahrstufen höher ausgedreht, die Lenkung fühlt sich härter an. Leider muss die Steptronic mit gut 1.850 Euro extra bezahlt werden.

 

Damit der „Green“-Modus nicht nur als automatisierte Langeweile lebt, meldet das Display „verbrauchsoptimierter Fahrspaß“ und es ist kein Problem, in diesem Modus bei halb gefülltem Tank 30 weitere Kilometer an Reichweite heraus zu fahren. Der gewonnene Aktionsradius wird im Display in grünen Ziffern angezeigt. Apropos Tank: Die Übersichtlichkeit der Tempo- und Drehzahlanzeige wird leider durch die Leuchtdioden-Leiste für den Kraftstoff-Füllstand konterkariert. Ein Instrumenten-Design mit drei Skalen wäre aber wohl nicht „Mini-like“ gewesen. Auf rund 600 Kilometern Teststrecke belief sich der Verbrauch auf 7,4 Liter je 100 km.

 

Nach Mini-Selbstverständnis gehören die Autos ins Premium-Segment. Bei Details ist aber noch Optimierungspotenzial zu erkennen, so wäre eine Höhenverstellung für die Sicherheitsgurte denkbar. Die kreisrund eingefassten Türöffnungs-Hebel wären leichter bedienbar, wenn man sie um 180 Grad gedreht einbauen würde. Immerhin sind die Tasten für die Fensterheber in der neuen Generation in die Verkleidungen gewandert, wodurch etwas weniger Eigenwilligkeit viel mehr Funktionalität bedeutet. Konstruktionsbedingt ist allerdings, dass man zum Ampelstopp nicht zu dicht an die Haltelinie heran fahren sollte, denn die zu weit nach vorne gezogene Dachkante könnte die Blicke auf die Lichtsignale verhindern.

 

Wer Mini mag und fährt sollte auch sonst nicht allzu Maxi sein. Vor allem nicht, wenn man als Erwachsener die hinteren Türen benutzen will. Der Zustieg dort hat eine Breite von 57 Zentimetern. Was dies für die Praxis bedeutet, macht ein Vergleich deutlich: Bei der Kleinwagenfamilie des VW-Konzerns (Up!, Mii und Citigo) lassen die hinteren Türen bis zu 70 Zentimeter Raum zu Einsteigen. Und das bei einer Fahrzeuglänge von rund 3,60 Metern, der Mini 5-Türer ist 4,00 Meter lang. Die Beinfreiheit hinten ist nicht berauschend, an der Kopffreiheit gibt es nichts zu tadeln.

 

Mehr Platz finden die Nutzer, wenn sie das Gepäckabteil benutzen. Zu den messbaren Vorzügen gehört der gewachsene Kofferraum. Er fasst 278 Liter und hat damit 67 Liter mehr aufzubieten, als der 3-Türer. Nach Umlegen der Rückbank können daraus 941 Liter werden. Die Luke ist innen 90 Zentimeter breit. Um die von Kunden oft gewünschte ebene Ladefläche zu ermöglichen, ist eine bewegliche Bodenplatte vorgesehen, die so eingehängt werden kann, dass sie an der Nahtstelle ganz bündig mit den weggeklappten Rücksitz-Lehnen in dem Fall abschließt. (ampnet/SW)