Mit 7 PS fing der Twin an...




Man schrieb das Jahr 1903, als Harley-Davidson seine ersten, in einem Hinterhofschuppen von Milwaukee gebauten Motorräder verkaufte und den Grundstein für eine der berühmtesten Marken der Welt legte. Der damalige Einzylinder-Motor wurde permanent weiterentwickelt, schon 3 Jahre später entstand die erste große Harley Davidson-Fabrik.

 

1909 arbeiten dort 35 Angestellte, die 1.149 Motorräder fertigstellen. In einigen Dutzend dieser Zweiräder schlug dabei schon ein völlig neues Herz. Ihr Name lautete Model 5-D, und ihr Motor war ein V-Zweizylinder.

 

Da die Kundschaft nach mehr Leistung dürstete, hatte „Bill“ Harley, der technische Leiter, in mehrjähriger Arbeit diese bahnbrechende Neuerung konstruiert. Gut 811 ccm Hubraum und 7 PS sorgten bei Bedarf für ein damals fast schon unvorstellbares Tempo von über 100 km/h.

 

Die beiden Graugusszylinder des ersten Harley Davidson-Twins standen in einem Winkel von 45 Grad zueinander. Die Pleuel der beiden Kolben übertrugen die Kraft mittels eines Hubzapfens an die Kurbelwelle, deren Gehäuse und Lager verstärkt waren. Blanke Stahlteile wurden verkupfert und anschließend vernickelt, Leichtmetallteile poliert. Ein Getriebe gab es nicht, gebremst wurde per Rücktritt. In elegantem Schwung legte sich der Unterzug des Rohrrahmens um das Triebwerk. 7,6 Liter fasste der Kraftstofftank, 3,8 Liter der für die Verlustölschmierung. Zeitgemäßen Komfort stellten die Cushion-Springergabel und ein gefederter Sattel sicher. Für 325 US-Dollar bot die Motor Company die schicke Maschine in den Farben „Piano Black“ oder „Light Gray with Carmine Striping“ an.

 

Wie bei allen Modellen jener Epoche atmete der V2 über atmosphärisch gesteuerte Ventile, so genannte Schnüffelventile, ein. Sie öffnen, wenn der nach unten gleitende Kolben einen Unterdruck im Zylinder erzeugt. Das Prinzip, das im Single prima funktionierte, erwies sich beim V-Twin als dessen Achillesferse, denn es erschwerte sein Starten und bescherte ihm einen zuweilen unsauberen Lauf. Zudem neigte der Riemen, der das Hinterrad antrieb, aufgrund der Motorkraft zum Durchrutschen.

 

1911 war es so weit: Die Schnüffelventile hatten ausgedient und fortan wurden auch die Einlassventile mechanisch zwangsgesteuert. Darüber hinaus kamen ein neuer Hinterradantrieb mit Kupplungsmechanismus, hochfeste Stähle und ein noch stabilerer Rahmen zum Einsatz. Damit stand dem Siegeszug des V2 aus Milwaukee nicht viel im Weg. (ampnet/TX)