Mutig, schnell und fast sensationell...




Die lange Nacht bei den 24 Stunden von Le Mans 1950 war schon fast überstanden und das Skoda Team lag ungefährdet auf Platz 2 in seiner Klasse. Selbst das Werksteam des französischen Spezialisten Gordini blieb mit seinen Rennern chancenlos gegen den Skoda Sport, der lange auch in der Gesamtwertung auftrumpfte.

 

1950 steckte Europa im „Kalten Krieg“, der „Eiserne Vorhang“ hatte den Kontinent geteilt. Skoda kam also aus einer „anderen“ Welt. In Le Mans traf das Werksteam des tschechischen Unternehmens, A.Z.N.P. seit der Verstaatlichung genannt, auf die Elite des internationalen Rennsports. Doch Skoda vertraute seiner beachtlichen Motorsporttradition und stellte sich der Herausforderung. Auf dem Hochgeschwindigkeitskurs an der Sarthe fuhr der erstmals eingesetzte Skoda Sport am 24./25. Juni 1950 eine schnelle Runde nach der anderen. Der Mut wurde offenbar belohnt.

 

Aus heutiger Sicht wirkt es unvorstellbar, wie viel Erfindungsreichtum und Enthusiasmus die Ingenieure und Mechaniker aufbringen mussten, um 1949 mitten in den Nachkriegswirren einen Rennwagen zu bauen, der 1950 bei einem der weltweit berühmtesten Rennen starten sollte. Es ist Fakt: Viele große Werke scheuten den Aufwand. Deutsche Hersteller fehlten beispielsweise in Le Mans ganz.

 

Vielleicht noch erstaunlicher mutet die Nähe zur Serie des tschechischen Rennwagens an. Als Basis diente das erste Nachkriegsmodell, der 1946 präsentierte Skoda 1101/1102 (Tudor). Zentralrohrrahmen und Fahrwerk blieben unverändert, Bremsen und Übersetzung passten die Ingenieure aber den Anforderungen des Rennens an. Statt Blechkarosserie, wie in der Serie, schneiderten man dem offenen Zweisitzer ein knapp sitzendes Aluminiumkleid, welches das Fahrzeuggewicht auf knapp 590 kg senkte.

 

Die Leistung des 1,1-Liter Vierzylinder-Motors, der sonst auf 32 PS kam, verdoppelten die Techniker nahezu. Eine auf 8,6:1 erhöhte Verdichtung, der Einbau eines Solex-40-Vergasers und ein Rennkraftstoff aus Benzin, Ethanol und Azeton entlockten dem Aggregat eine Leistung von 50 PS bei 5.200 U/min. Im Zusammenspiel mit der kleinen, leichten Karosserie reichte das für rund 140 km/h Topspeed.

 

Ein weiterer Wettbewerbsvorteil lag im geringen Verbrauch von 12 Litern pro 100 km. Eine Tankfüllung ermöglichte daher 4 Stunden an Fahrzeit.

 

Es lief alles perfekt, bis beim ersten Tageslicht das „Morgengrauen“ für Skoda an Wortsinn gewann: Der Bruch eines einfachen Sicherungsrings am Kolbenbolzen führte zu einem Motorschaden. Da die Rennwagen bei einem Schaden auf offener Strecke nur mit Ersatzteilen und Werkzeug repariert werden durften, das sich an Bord befand, bedeutete dies das Aus für das mutige Team aus Mladá Boleslav.

 

Wobei es erfahreneren Gegnern kaum besser erging: Nicht einmal die Hälfte der gestarteten Teilnehmer erreichte an diesem 25. Juni 1950 das Ziel, von den favorisierten Werks-Gordini sah keiner die karierte Flagge.

 

Mit der Hoffnung, im nächsten Jahr mit mehreren Autos seine Chancen zu verdoppeln, machte sich die Mannschaft auf den Heimweg. Doch es sollte anders kommen. Das Rennen 1950 blieb bisher der einzige Auftritt von Skoda beim französischen Klassiker über 24 Stunden. Das Rennen bewies dennoch, wie schnell der Skoda 1100 Sport wirklich war: Im Jahr 1951 gab Porsche sein Debüt in Le Mans, ebenfalls in der Klasse für 1,1-Liter Motoren und die Rundenzeiten des Porsche 356 blieben hinter denen dieses Skodas aus dem Vorjahr zurück.

 

Heute ist dieses geschichtsträchtige Fahrzeug im Privatbesitz einer ganz besonderen Familie und dort wohl in den denkbar besten Händen: Der Großvater des heutigen Eigentümers Michal Velebný war Josef Velebný, einer der Väter des Skoda Sport. Generationen haben bei Skoda in der Entwicklung und im Karosseriebau gearbeitet, Michal Velebný koordiniert heute die Restaurierung und Instandhaltung im Skoda Museum. (ampnet/TX)