Neuer Spannungsbogen in Wolfsburg.




Bei Volkswagen dreht sich gerade alles um die ID-Baureihe. Doch so ganz nebenbei haben die Wolfsburger im Wortsinne still und leise auch den neuen Golf elektrifiziert. Vom unscheinbaren Mild-Hybrid mit einem unterstützenden 48 V Startergenerator bis zum Plug-in-Hybrid reicht der mehr oder weniger elektrisierende Spannungsbogen des Bestsellers.

 

Wie bekomme ich E-Mobilität so schnell wie möglich auf die Straße? Indem ich einfach das meistverkaufte Auto in Deutschland elektrifiziere. So dachten sie wohl bei VW und bauten ihr erfolgreichstes Fahrzeug mit acht Karosserie-Antriebs-Varianten zur meist hybridisierten Baureihe der Marke aus. Schon jetzt gibt es die Mild-Hybrid-Versionen 1.5 e-TSI mit Vierzylinder-Benziner und 150 PS sowie den Dreizylinder 1.0 e-TSI mit 110 PS, denen demnächst eine weitere Leistungsstufe des Vierzylinders mit 130 PS folgen soll. Dazu gesellen sich mit Golf e-Hybrid und Golf GTE noch zwei verschieden starke Plug-in-Hybride, die auf Reichweite und zum anderen auf Sportlichkeit getrimmt sind.

 

Nun lässt sich natürlich darüber streiten, ob bei einem Startergenerator inkl. zusätzlicher 48 V Lithium-Ionen-Batterie schon vom E-Auto geredet werden darf. Doch das neue Mild-Hybrid-System gewinnt immerhin die ansonsten verpuffende Bewegungsenergie beim Ausrollen und Bremsen zurück und erlaubt dazu noch spritsparendes Segeln bei abgeschaltetem Motor. So lässt sich der Verbrauch senken, aber auch der Fahrkomfort verbessert sich durch das schnellere Anfahren und die zusätzliche Kraft der E-Maschine. Vor allem im Dreizylinder-Modell 1.0 e-TSI ist der Extra-Schub beim Antritt und dazu ansatzlosen Zwischenspurts spürbar.

 

Zu einem E-Auto mit temporären Null-Emissionen wird der Golf aber erst durch den neuen Plug-in-Antrieb, den das Marketing trotz identischer Technik als e-Hybrid und GTE aufdröselt. In beiden Fällen sorgt diese Kombination aus dem bekannten 1,4-Liter TSI mit 150 PS, E-Motor und Lithium-Ionen-Batterie für sparsames wie dynamisches Fahren. Dabei wirkt die in der Spitze bis zu 110 PS starke E-Maschine wie ein Booster, der dem Turbo-Benziner mit seinem zusätzlichen Schub kräftig Beine macht. Wenn auch in verschiedener Ausprägung.

 

So ist beim Golf e-Hybrid die Systemleistung auf 204 PS und 350 Nm Drehmoment begrenzt, exakt so viel wie im GTE-Vorgänger des Golf 7. Allerdings mit dem Unterschied, dass der neue Hybridantrieb mit seiner auf 13 kWh vergrößerten Batterie nun 80 km rein elektrisch fahren kann. Der umgerechnete NEFZ-Verbrauch soll auf märchenhafte 1,2 Liter pro 100 km sinken, wie VW behauptet. Ebenso wie nur 11,0 kWh nach Norm auf derselben Distanz benötigt werden sollen. Das reicht für 870 km.

 

Im Golf GTE wiederum mobilisiert derselbe Plug-in-Hybridantrieb 245 PS plus 400 Nm Drehmoment, zieht somit in der Leistung mit dem GTI, beim Durchzug mit dem GTD gleich. Weshalb VW ihn als die dynamischere Alternative zum e-Hybrid mit entsprechenden Sportabzeichen versehen hat. Analog zu den anderen GT-Gefährten trägt der Wagen also schwarz umrandete vordere Lufteinlässe mit Wabengitter und integrierten LED-Punkte-Nebelscheinwerfern, einen blauen Streifen (normal in Rot oder in Silber) samt dem GTE-Schriftzug unterhalb der Motorhaube und auf der Lenkradnabe sowie blau-karierte Sitzpolster. Selbst die Quartett-Daten würden eine deutliche Sprache sprechen. Demnach erledigt dieser GTE den Standardsprint in 6,7 Sekunden, kaum vier Zehntel langsamer als der GTI. Und in der Spitze stehen die 225 km/h.

 

Zum GTI wird der GTE deshalb zwar nicht. Doch für sportliche Fahrer, die das grüne Gewissen plagt, ist der Teilzeitstromer mit Öko-Siegel die richtige Wahl. Allerdings könnten die ebenso gut zum e-Hybrid greifen. Der passiert zwar erst nach 7,4 Sekunden die Marke von 100 km/h, doch im alltäglichen Verkehrsgewusel, ob beim urbanen Ampel-Hopping und Spurenwechselslalom oder bei Beschleunigungs- und Überholmanövern auf der Landstraße, sind die großen Unterschiede kaum zu spüren.

 

GTE und e-Hybrid starten bei geladenem Akku immer elektrisch. Die hohen Systemdrehmomente, die beide Varianten quasi aus dem Stand mobilisieren, verführen zum Katapultstart, mit dem an der Ampel evtl. nur noch Motorräder mithalten können. Wer allerdings nicht allzu heftig aufs Pedal drückt, schafft es auch, diesen Zustand bis Tempo 130 km/h zu halten. Die Schaltarbeit übernimmt ein 6-Gang-Direktschaltgetriebe. Je nach Fahrstil und -profil sind beim e-Hybrid wie bereits erwähnt bis zu 80 km drin. Selbst der GTE, dem wegen des höheren Energieverbrauchs (12,4 kWh) schon nach 62 km der Saft ausgeht, taugt für die Distanz der meisten Berufspendler an einem ganzen Tag.

 

Während der Fahrt hilft intelligente Software, die elektrische Reichweite zu erhöhen und den Verbrauch zu senken. Da das serienmäßige Navi via Kartendaten und GPS immer weiß, wo der Golf Plug-in-Hybrid so ist, schlägt es nicht nur die topografisch effizienteste Strecke vor. Dieser Co-Pilot gibt auch Hinweise, wann und wo es sinnvoller wäre, den Fuß vom Pedal zu nehmen oder zu bremsen, weil eine Kurve oder Ortseinfahrt folgt. Ist der ebenfalls ab Werk eingebaute automatische Abstandsregler aktiviert, geschieht das sogar ganz von allein. Ab 39.781 Euro... (ampnet/TX)