Porsche Cayenne S Coupé: Ein Porsche 911 als SUV!


An die Hauptstadt des französischen Übersee-Départements Guayana denken die wenigsten, wenn der Begriff „Cayenne“ fällt. Eher schon an Pfeffer. Noch schärfer als die bisher bekannte Version des Porsche-SUV soll die neue Coupé-Variante sein. Nach nur einer Woche im Alltagstest muss man sich fragen: Warum nicht gleich so?

Porsche Cayenne S Coupé

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Geht man vom herkömmlichen Coupé-Begriff aus, bedeutet es „weniger Platz für mehr Geld“. Auch beim Cayenne Coupé scheint dies so, denn beim Basispreis liegt zwischen Cayenne S und Cayenne S Coupé ein Unterschied von 5.475 Euro. Jedoch sind im Coupé ab Werk z.B. 20 Zöller, das Panorama-Dach, Sport Chrono-Paket, Rückfahrkamera, die geschwindigkeitsabhängige Servolenkung sowie die Dämpferkontrolle dabei, wofür beim normalen Cayenne S Aufpreise fällig wären.

 

Das Coupé ist gegenüber dem Normal-Cayenne minimal länger (13 mm) und 20 mm flacher. Mit Außenspiegeln in Betriebsstellung kommen 2,19 m zusammen. In Autobahnbaustellen dürfte folglich die rechte Spur nicht verlassen werden, was aber selten der Fall ist!

 

Innen gibt es keinen Anlass, von Platzmangel zu reden. Für die vorderen Passagiere ist die Kabine auf Höhe der Fensterlinie 1,51 m breit, hinten immerhin noch 1,45 m. Auch mit der Kopffreiheit gibt es hinten gar keine Probleme, mit der Sicht schon. Den Schulterblick beim Rechtsabbiegen kann man sich sparen, denn zu sehen gibt es fast nichts. Daran ändert auch die dritte Seitenscheibe nichts. Sie ist leider völlig nutzlos.

 

Abstriche sind aufgrund der veränderten Dachform beim Ladevolumen zu konstatieren: Bei aufgestellten Rücksitzlehnen bietet das Coupé 625 Liter, bei umgelegten Sitzen 1.540 Liter Gepäckraum. Die Ladefläche ist eben und zwischen 100 und 195 cm tief. Die Ladekante befindet sich auf 76 cm Höhe und das Schloss der vollständig und elektrisch geöffneten Klappe ist 1,91 m über Boden. Integriert ist der elektrische Heckspoiler, der seitlich bis zu den Rückleuchten raus ragt.

 

Durch das flach nach hinten abfallende Dach ist dieses Coupé-SUV von den Proportionen und der Silhouette her näher an den Verwandten der Modellreihen 911 Carrera und 718 Cayman als Cayenne oder Macan. Insgesamt kann das Coupé besser als Sportwagen wahrgenommen werden, als „echter“ Porsche eben, weniger als wuchtiges SUV.

 

Bauartbedingt sind SUV nun mal schwere Automobile, und schwere verbrauchen bei gleicher Motorisierung mehr als leichte. Laut Datenblatt des Herstellers ist das Coupé 30 kg schwerer als der Standard-Cayenne. Jedoch: In den Fahrzeugunterlagen des Testwagens war von 2.050 kg (DIN) die Rede, die amtliche Zulassung sprach von 2.195 kg und beim Wiegen kamen 2.240 kg heraus, bei fast vollem Tank...

 

Vor diesem Hintergrund kann es nicht überraschen, dass der Testwagen den WLTP-Wert von 12,3 Litern je 100 km um 1,5 Liter toppte. Seltener denken Kunden daran, dass jedes Zoll mehr einer Alufelge auch mehr Gewicht, mehr Reifensubstanz, mehr Aufstandsfläche und somit mehr Rollwiderstand bedeuten. Nicht umsonst sagt ein Sprichwort „wer schön sein will, muss leiden“. Der Wahrheitsgehalt war an der Reifen-Felgen-Kombination des Testwagens leicht überprüfbar. Äußerst kleidsam sind solch mächtige Alus in Verbindung mit 30 Prozent Gummiüberdeckung, doch ein „Fahrkomfort“ zu nennendes Erlebnis gibt es nur auf ebenem Belag. Da das Cayenne Coupé aber über ein Luftfahrwerk, max. 245 mm Bodenfreiheit und spezielle Offroad-Fahrmodi verfügte, war der Wunsch nach einem Ausflug ins Gelände nicht zu bezähmen. Die Folge: Jeder frei liegende Wurzelstrang, jede Delle und jeder Huckel wurde gnadenlos weitergereicht. Wer mit seinem Cayenne die Straßen hinter sich lassen will, sollte auf die flachsten Niederquerschnittsreifen verzichten.

 

Das Performance-Kapitel ist schnell abgehakt: Das Coupé war auch hier ein Porsche. Druckvoll, bissig und selbst über 250 km/h Souveränität und Sicherheit ausstrahlend. Die Hinterachslenkung (+ 2.047 Euro) stellt sich als Agilitätsgewinn heraus. Selbst bei hohen Tempi sind Geräusche auffallend gering. Lediglich in langsamer Fahrt, etwa beim Rangieren, könnte die Servo-Unterstützung der Lenkung ein wenig größer sein. Die Handhabung der Armaturen erfolgt intuitiv, sofern man sich vorher die Erkenntnis zu eigen gemacht hat, dass die Lautstärkeregelung der tollen Burmeister-Anlage (+ 5.938 Euro) über eine waagerechte Walze, nicht über einen Drehknopf erfolgt. Der ist zur Anwahl der Bildschirm-Menüs. Dass die wählbaren Fahrwerksverstellungen einen Mix aus deutschen und englischen Worten anbieten, ein Schönheitsfehler.

 

Fazit: Das flachere, abgerundete Dach hat den Cayenne „porschiger“ gemacht. Die wuchtige Präsenz fehlt, die Herkunft aus der Sportwagen-Manufaktur kommt dagegen glaubwürdiger rüber. Der Hersteller nimmt an, dass zukünftig etwa gut ein Drittel der hauseigenen Full-Size-SUV als Coupé geordert werden. Die sehr stimmige Optik, die harmonischen Proportionen sind ein nicht zu unterschätzender Kaufanreiz, sofern man über die nötigen Mittel verfügt und sich über Bedenken gegen rund 2 t schwere Hochdach-Kombis heute noch hinwegsetzen will/kann. (ampnet/SW)