Robin Dörr: „Ohne Zuschauer fehlt einfach auch Atmosphäre“.




Los ging die wilde Fahrt von Dörr Motorsport im Jahr 1999, heute zählt die Truppe aus Hessen zu den etablierteren Mannschaften in der Boxengasse. Dabei setzt die sportliche Abteilung in der Dörr Group auf verschiedene Säulen, durch die Öffnung zur virtuellen Welt scheint auch kein Ende in Sicht. Im Interview mit Team Manager Robin Dörr geht es jedoch primär um das Engagement in der ADAC GT4 Germany.  

 

Herr Dörr, Sie sind Team Manager bei Dörr Motorsport. Was sind eigentlich die Aufgaben eines Team Managers?

 

Robin Dörr: Als Team Manager bin ich für die Organisation des Teams und speziell für die Koordination eines kompletten Rennwochenendes verantwortlich. Es ist sehr viel Planung und schließt alle Bereiche eines Motorsportteams und einer Saison ein. Wobei ich natürlich tolle Unterstützung erfahre, wir arbeiten im Team.

 

In der ADAC GT4 Germany setzt Ihre Mannschaft auf verschiedene Marken. Ist dies nicht komplexer in der Koordination?

 

Robin Dörr: Es ist deutlich komplexer, als wenn man nur Wagen von einer Marke betreut. Dadurch, dass wir zwei völlig unterschiedliche Marken im Einsatz haben, ist es auch die doppelte Arbeit. Es fängt schon bei der Logistik an, wir müssen immer für beide Marken ausreichend Ersatzteile an der Rennstrecke dabei haben. Es gibt keinen Austausch. Man plant wirklich alles doppelt. Doch nicht nur mir und meinem Team geht es so, dies gilt auch für die Mechaniker. Sie müssen absolut flexibel sein. Selbst wenn ein identisches Problem vorliegt, sind die Handgriffe aber nicht immer identisch. Sogar eher ganz selten. Das macht es in der Planung und an der Strecke nicht einfacher, aber trotzdem bereuen wir den Schritt nicht. Wir sind sehr zufrieden und super glücklich darüber, dass wir den Aston Martin in dieser Saison zusammen mit unseren zwei McLaren einsetzen. Wir bereuen den Versuch nicht.

 

Wie schaut es mit McLaren aus?

 

Robin Dörr: McLaren ist für uns ein wichtiger Partner, nicht nur im Motorsport. Es findet innerhalb der Dörr Group der Transfer zwischen Automotive und Motorsport statt. An mehreren deutschen Standorten sind wir der Ansprechpartner für McLaren und im Motorsport haben wir schon in der Vergangenheit kooperiert. Daher war es klar, dass wir den Schritt in die ADAC GT4 wieder mit McLaren gehen.

 

Eine enge Partnerschaft pflegen Sie auch mit Schaeffler Paravan. In welchen Punkten profitieren Sie vom Know-how? 

 

Robin Dörr: Wir sind seit 2019 unter anderem Entwicklungspartner von Schaeffler Paravan. Der eine McLaren wurde komplett auf ihr Lenkungssystem umgebaut, dies wird auch von Schaeffler Paravan betreut. Bei Tests und Rennen ist mindestens ein Ingenieur aus ihrem Team dabei. Ein spannendes Projekt und die Zukunft, auch im Automobilbau. Wir kümmern uns nur um das Setup und die Mechanik.

 

Was ist „Steer-by-Wire“ genau? 

 

Robin Dörr: „Steer-by-Wire“ ist eine komplett elektrische Lenkung. Es besteht keine mechanische Verbindung mehr zwischen Lenkrad und gelenkten Rädern. Bei einem Lenkbefehl übertragen allein Sensoren über ein Steuergerät den Lenkbefehl. Wenn beispielsweise kein elektrischer Impuls besteht, kann ich die Lenkung unendlich oft durchdrehen. Keine Sorge, das ganze System ist mehrfach abgesichert.

 

Kommen wir zur laufenden Saison. Wie zufrieden sind Sie und was erhoffen Sie sich von den letzten Rennwochenenden?

 

Robin Dörr: Wir sind bis zum jetzigen Zeitpunkt sehr zufrieden. Die Koordination mit McLaren und Aston Martin ist, wie schon erwähnt, nicht ganz so einfach, aber es hat doch sehr gut funktioniert. Natürlich könnte es immer etwas besser sein!

 

Der eine McLaren ist Teil unserer Dörr Driving School. Hier ziehen wir ganz langsam unsere Junioren aus unserem eigenen Kart-Programm in den GT-Sport hoch. Beide Fahrer machen sich sehr gut. Man kann sehr schön die Lernkurve verfolgen und mit den ersten Podiumsplätzen gab es bereits auch schon die ersten Erfolge.

 

Mit dem Aston Martin sind wir auch zufrieden, wobei uns hier einfach auch noch die Erfahrung schlicht und einfach fehlt. Wir haben keine Erfahrungswerte und uns fehlt für jede Strecke die Basis. Wir müssen jedes Setup komplett neu erarbeiten. Es ist spannend, aber es ist auch sehr intensiv. Trotzdem hätten wir in jedem Rennen das Podium erreichen können. Da die Erfahrung einfach noch fehlt, wir in jeder Sekunde noch lernen, sind wir mit dem Verlauf der Saison auf jeden Fall zufrieden.

 

Ich habe gesehen, die letzten beiden Rennwochenenden sind erst im Oktober. Wie überbrücken Sie diese Zeit?

 

Robin Dörr: Wir müssen diese Zeit auf jeden Fall nicht überbrücken. Natürlich liegt unser Fokus auf der ADAC GT4 Germany, wir fahren zudem aber auch in der GTC Race. Wir sind in zwei Rennserien unterwegs und betreuen zusätzlich noch Kunden. Dazu sind noch ein paar Gaststarts geplant. Wir haben bis einschließlich Oktober an jedem Wochenende richtig Action … und noch Tests. Wir geben Vollgas!

 

In der DTM wird seit dieser Saison auch mit GT-Fahrzeugen gefahren, könnte dies für die Zukunft eine Option werden?

 

Robin Dörr: Rein theoretisch würde es passen, aber die GT3 bewegt sich finanziell auf einem komplett anderen Niveau. Ohne ein Werk oder einen großen Sponsor im Kreuz ist es sehr, sehr schwer … beinah schon unmöglich. Großartiger Sport, enger Sport von den Zeiten, aber in einer völlig anderen finanziellen Dimension.

 

Ist die GT3 generell kein Thema?

 

Robin Dörr: Irgendwann wird sie wahrscheinlich sogar eine logische Konsequenz, auch mit Blick auf unsere Dörr Driving School, aber aktuell einfach noch nicht. Wenn der richtige Partner dabei ist, dann gerne. Es ist auf jeden Fall toller Sport.

 

Abschließend Herr Dörr, wir alle wissen was diese Pandemie für den Fußball bedeutet hat. Wie war es im Motorsport?

 

Robin Dörr: Es hat auch uns hart getroffen, aber wen denn nicht?

 

Ich werde es nie vergessen. Wir waren damals für Tests in Spanien und plötzlich rief die Rennstrecke bei mir an, wir müssen das Fahrerlager umgehend verlassen, weil in der Nacht die Grenzen geschlossen werden. So eine Situation hat keine von uns jemals erlebt. Wir sind dann direkt rüber nach Frankreich, weil dort der nächste Test geplant war, mit etwas Verzögerung das gleiche Szenario. Das kann sich keiner im Vorfeld ausmalen. Man sitzt im Ausland, will die Tests für die neue Saison machen, und dann tritt so eine Situation ein. Es war äußerst beunruhigend.

 

Dann ist man zurück in Deutschland und kann gar nichts mehr planen. Der Kalender wurde verschoben, einzelnen Rennen direkt abgesagt … was sagt man den Fahrern und den Sponsoren? Was sagen die Fahrer den Sponsoren, auf die sie angewiesen sind? Sehr, sehr viele Fragezeichen. Langsam gibt es Antworten!

 

Mittlerweile finden die Rennen wieder statt, mit den bekannten Auflagen. Es ist also etwas Normalität zurück, wobei die Zuschauer noch fehlen. Und das muss man so offen feststellen, ohne Zuschauer fehlt einfach auch Atmosphäre! (SW)