Selbst „Q“ plant E-Spionagewagen.


Beim Thema E-Auto für die Reichen und Schönen scheiden sich die Geister. Ein Lamborghini mit E-Motor? Fehlanzeige. Den gibt es nur als Mini für Sprösslinge besserverdienender Eltern oder als Kettensäge aus dem Unternehmen für Luxusgüter des Designers Tonino Lamborghini, Sohn des Gründers Ferruccio Lamborghini.

Aston Martin Rapid-E

Für Ferrari hat die Bezeichnung „E-Motor“ sogar einen unanständigen Beigeschmack. Fiat-Boss Sergio Marchionne, gleichzeitig auch der Chef der Manufaktur in Maranello, ist allein „der Gedanke an einen Ferrari mit Elektromotor obszön“. Ganz anders zwei Schmieden der Luxusklasse in Großbritannien. Dort wird an der zukünftigen Motorisierung gearbeitet.

 

Tesla hat es vorgemacht: Das Spitzenmodell Model S bringt mit zwei E-Aggregaten vorne 262 PS und hinten 510 PS auf die Straße, in nur 3,0 Sekunden summt es von 0 auf 100 km/h und weiter bis 250 km/h. Und das alles bei einer Reichweite laut Werksangabe von 505 Kilometern. Bei umweltbewussten Amis genießt das Auto besonders in Kalifornien Kultstatus, seine Verkaufszahlen liegen knapp unter denen der S-Klasse von Mercedes und noch über denen von Porsche, BMW und Audi. Der Preis liegt jenseits der 100.000-Euro-Grenze.

 

Von diesem Kuchen möchten McLaren und Aston Martin in Zukunft ein Stück abbekommen. Bei McLaren Automotive im britischen Woking, eine halbe Autostunde südwestlich von London, gehören Investitionen in ein E-Fahrzeug zum soeben gestarteten 6-jahresplan. Als Nachfolger des Flaggschiffs P1 soll ein vollelektrischer Supersportwagen auf den Markt kommen, „aber nur dann“, schränkt der Generaldirektor Mike Flewitt ein, „wenn das Auto so spannend, überzeugend und aufregend wird wie man es von einem McLaren erwartet“. Entwicklungen an einem Prototyp sind mit Vollgas im Gange. Bis 2022 soll die Hälfte aller McLaren, darunter 15 neue McLaren und Fortentwicklungen, einen Hybrid-Antrieb besitzen.

 

Konkreter sind die E-Pläne bei Aston Martin, AMG-Partner und Kunde für Motoren selbiger Tuning-Sparte von Aston-Martin-Aktionär Mercedes-Benz. Feierlich stellte das Unternehmen im Oktober das Konzept eines elektrisch angetriebenen Fahrzeugs namens Rapid-E in London seinen Ehrengästen Prinz William und Herzogin Kate sowie dem chinesischen Staatspräsidenten Xi Jinping vor. Grund für den hohen Besuch war das Interesse von China Equity, Chinas führender privater Investitionsbank, die Entwicklungen zur Serie zu unterstützen.

 

Jetzt mündete das gegenseitige Beschnuppern in einem „Memorandum of Understanding“. Darin bekräftigen Aston Martin sowie der chinesische Partner Le Eco, Gemischtwarenkonzern für elektronische Konsumartikel, innerhalb von 2 Jahren eine elektrische Version des Aston Martin Rapide S namens Rapid-E auf den Markt zu bringen. Auch über Aston Martins weitere elektrische Zukunft soll nachgedacht werden. Le Eco will dazu seine amerikanische Neugründung Faraday Future mit ins Boot holen, eine Marke für E-Autos, die erstmals auf der CES in Las Vegas (Januar 2016) in Erscheinung trat und von der Konkurrenz durchaus sehr ernst genommen wird. Hinter dem Unternehmen steckt u.a. der chinesische Internetmilliardär Jia Yueting, mit einem geschätzten Vermögen von 7,8 Milliarden US-Dollar einer der reichsten Chinesen derzeit überhaupt.

 

Nach Überzeugung von Aston-Martin-Chef Andy Palmer sind „luxuriöse Elektrofahrzeuge wesentlicher Teil unseres künftigen Produktportfolios“. Tesla, so glaubt er, wird ihm nicht ins Gehege kommen: „Die spielen in einer anderen Liga“. Während sich die Preise des teuersten Teslas ein Stück oberhalb der 100.000-Euro-Marke bewegen, denkt Andy Palmer gar an weit mehr als das Doppelte: „In diesem Segment sehe ich keine Konkurrenz“. Zurzeit kostet ein benzinverbrauchender Rapide S um die 200.000 Euro, und bei den Aston Martin hieß es schon immer: Wer nach den Preisen fragt, kann ihn sich nicht leisten.

 

Weit mehr liebt es Andy Palmer, die außergewöhnlichen Leistungen zu nennen, mit denen der Rapid-E dann aufwarten soll. Auf der Shanghai Auto Show in April 2015 verkündete er, dass der viertürige Wagen über eine Leistung von 800 PS und eine Reichweite von um die 320 Kilometer verfügen werde. „Natürlich mit Allradantrieb“, so Andy Palmer, „damit er die vielen Pferde auf die Straße bringen kann“. Mit ähnlichen Daten will er auch das E-SUV ausstatten, das noch in der Planungsphase ist...

 

Von der Kooperation mit dem Unternehmen aus dem Reich der Mitte verspricht sich Aston Martin nicht zuletzt auch einen besseren Zugang zum chinesischen Markt. Dort sind E-Autos aufgrund des heute häufig schon lebensbedrohenden Smogs wichtiger denn je. Davon abgesehen gewinnt für jeden Automobilproduzenten wegen der ständig strenger werdenden staatlichen Auflagen in puncto Verbrauch und Abgasen die Elektrizität als Antrieb immer größere Bedeutung. Das weiß auch Andy Palmer: „Wer wie wir auch weiterhin Zwölfzylinder-Motoren herstellen will, muss am anderen Ende des Spektrums auch noch etwas tun“. Das könnte dann auch bedeuten, dass Filmagent James Bond demnächst elektrisch auf Jagd nach Bösewichtern gehen wird. Benutzt er doch bei seiner Arbeit traditionell einen Aston Martin. (ampnet/SW)