Traumfabrik für ein möglichst langes Autoleben.




Die bislang auf mehrere Standorte verteilte Abteilung Classic von Jaguar Land Rover ist jetzt im wahrsten Sinne des Wortes unter einem Dach zusammengefasst. In Coventry hat das Unternehmen für gut 7 Millionen Pfund mehr als nur ein Gebäude für die reine Traditionspflege errichtet, entstanden ist ein einmaliges Werk für alte Autos.

 

„Es ist nicht nur das größte, sondern auch das einzige Werk seiner Art“, betont Tim Hannig, Director JLR Classic. Etwa 1,5 Millionen ältere und alte Jaguar und Land Rover sollen weltweit noch existieren. In Coventry wird dafür gesorgt, dass sie noch möglichst lange leben. 80 Mitarbeiter kümmern sich derzeit bis zur letzten Schraube um die Autos. Und das ist wörtlich zu nehmen. Kundenfahrzeuge werden von den JLR-Spezialisten zunächst nach einem 121 Punkte-Katalog durchgecheckt und bei Bedarf komplett zerlegt, gründlich überholt und wieder zusammengebaut oder einfach nur gewartet. Auf Wunsch, wie in einem konkreten Fall, mutiert da auch schon einmal ein Linkslenker am Ende der Generalüberholung zum Rechtslenker. Die Fahrzeuge, die hier wieder so gut wie neu diese Halle verlassen, kommen aus aller Welt. Von Hongkong bis um die Ecke!

 

Gleich mehrere Land Rover aus der ersten Serie stehen bei JLR Classic Works, entweder zerlegt oder wieder fast wie neu.

 

Vom damals schnellsten Seriensportwagen der Welt, dem XJ 220 aus den frühen 1990igern, wurden keine 300 Stück gebaut. Aktuell stehen 6 Stück im neuen Gebäude zur Grundüberholung. Dort sind auch einige Mitarbeiter tätig, die noch zu Produktionszeiten am Supersportwagen mitgewirkt haben. Pünktlich zum 25-jährigen Bestehen der Baureihe hat Jaguar zusammen mit Pirelli sogar einen neuen Geschwindigkeitsreifen nur für den Youngtimer entwickelt, dessen Typenbezeichnung für seine Spitzengeschwindigkeit von 220 Meilen in der Stunde steht (350 km/h).

 

Die originale Werkskompetenz ermöglicht aber noch mehr: Den Bau alter Autos, die es gar nicht mehr gibt, oder die es gar nicht gegeben hat. Unter dem Motto „Legends Continued“ hat JLR Classics 9 XKSS für die solventeren Kunden auferstehen lassen, deren Fertigstellung seinerzeit ein Brand im Werk Browns Lane im Februar 1957 verhinderte. Alle Autos sind zum Stückpreis von gut 1,5 Millionen Euro übrigens schon verkauft. Ebenfalls nach den Originalspezifikationen komplett neu gebaut wurden 6 E-Type Lightweight. 1963 hatte Jaguar 12 Fahrzeuge gebaut und die Fahrgestellnummern für weitere 6 Exemplare vergeben, die Kleinserie dann aber mittendrin ganz einfach abgebrochen.

 

Darüber hinaus kauft JLR Classic selbst sammelwürdige Fahrzeuge auf, um sie nach der Überholung zum Kauf anzubieten oder übernimmt in der 14.000 Quadratmeter großen Halle einfach nur Servicearbeiten für etwas in die Jahre gekommene Fahrzeuge. Viele Menschen fragten sich oft, was die beiden inzwischen in einem Unternehmen zusammengefassten Marken eigentlich gemeinsam hätten. Es ist nicht nur die Herkunft aus den britischen Midlands. Sowohl Land Rover als auch Jaguar, so sagt Tim Hannig, stellten ihr erstes Modell im Jahr 1948 vor. Und die beiden Brit-Marken hatten einen Stahlrahmen, aber eine Aluminiumkarosserie.

 

Zu Jaguar Land Rover Classic gehört auch ein Lager mit rund 30.000 Originalersatzteilen für die Klassiker der Marken. In Coventry ist zudem ein Teil der insgesamt rund 700 Autos umfassenden Fahrzeugsammlung des Unternehmens untergebracht. Darunter befinden sich beispielsweise der letzte vom Band gelaufene Jaguar E-Type oder der braune XJ, mit dem Firmenchef Williams Lyons täglich ins Stammwerk Castle Bromwich fuhr. Aber auch 200 Kinderautos mit Pedal-, Strom- oder Benzinantrieb haben die Sammler vor Ort zusammengetragen.

 

Die Eröffnung des neuen Stammsitzes der Klassikabteilung fiel genau auf den 60. Jahrestag des größten Motorsporterfolgs von Jaguar. Am 14. Juni 1957 fuhren bei den legendären 24 Stunden von Le Mans 5 D-Type unter die ersten 6 Plätze, und zwar auf den Plätzen 1 bis 4 sowie 6. Ein Triumph dieser Art war zuvor noch keiner Marke gelungen, auch wenn Jaguar vor 60 Jahren nicht mehr als Werksteam angetreten war. Bereits 1951 hatte ein Jaguar C-Type den Motorsportklassiker gewonnen. Nur 2 Jahre später holte Jaguar ebenfalls mit einem C-Type den Sieg für einen Rennwagen mit Scheibenbremsen. Die ruhmreiche Rückkehr zu diesen Wurzeln des historischen Erfolgs gelang Jaguar 1988 mit dem XJR-9 V12. Einer der Fahrer des Siegerautos wird neuer Cheftester von Jaguar Land Rover Classic Works. Andy Wallace wird alle Fahrzeuge vor der Auslieferung noch einmal genau testen. Auf Wunsch weist die 56-jährige Rennfahrerlegende die Besitzer auch in das eigne Fahrzeug ein. (ampnet/TX)