Vier Ringe unter dem Stern.




Heute verbindet man die Nachkriegsgeschichte der einstigen Auto Union vor allem mit Audi. Weniger bekannt ist ein Zwischenkapitel: 6 Jahre gehörte das Unternehmen mit den vier Ringen der Marke mit dem Stern. Im April 1958 übernahm die damalige Daimler-Benz AG die Mehrheit an der Auto Union GmbH. Am 31. Dezember 1959 folgten die Restanteile.

 

1960 war die Auto Union eine 100-prozentige Tochter von Daimler-Benz!

 

In der Zeit bis zum 1. Januar 1965, als Volkswagen die Mehrheit an der Auto Union von Daimler-Benz übernahm, wurden die Weichen gestellt: In Düsseldorf entstand ab 1961 ein bedeutendes Mercedes-Benz-Werk aus einem bisherigen Standort der Auto Union. Zudem leistet Mercedes-Benz wichtige Beiträge zur Entwicklung der Audi-Modelle der 1960iger.

 

4 Sitzungen beriet der Daimler-Benz AG Vorstand vor 60 Jahren über eine Initiative des Großaktionärs Friedrich Flick: Dieser setzte sich 1958 für eine Fusion von Daimler-Benz AG sowie Auto Union GmbH ein. Die Modellprogramme der beiden Autobauer würden sich ergänzen, schätzte der Industrielle. So könnte man bei künftigen Entwicklungen Synergien nutzen. Friedrich Flick besaß zu diesem Zeitpunkt jeweils gut 40 Prozent der Anteile an den beiden Unternehmen. Am 6. März 1958 beschloss die Stuttgarter Konzernführung schließlich, die Mehrheit an dem Ingolstädter Unternehmen mit den vier Ringen als Markenzeichen zu übernehmen.

 

Am 1. April 1958 genehmigte der Aufsichtsrat die Übernahme von knapp 88 Prozent des Stammkapitals der Auto Union GmbH. Die Transaktion galt rückwirkend zum Jahresbeginn 1958. Vor dem II. Weltkrieg war die 1932 gegründete Auto Union AG in Chemnitz mit Audi, DKW, Horch und Wanderer einer der wichtigen Mitbewerber von Mercedes-Benz. Diese Rivalität zeigte sich u.a. stark im Motorsport, wo die „Silberpfeile“ gegen Rennwagen der Auto Union antraten. Nach der Neugründung der Auto Union GmbH in Ingolstadt im Jahr 1949 werden lediglich die 2-Takter der Marke DKW gebaut sowie wenige Jahre lang der ebenfalls mit 2-Takt-Motor ausgerüstete Auto Union 1000 (Anfang 1958 bis ca. August 1963).

 

Am 14. April 1958 fand in Stuttgart-Untertürkheim die erste gemeinsame Sitzung der beiden Vorstände statt. Auf der Tagesordnung standen u.a. Fragen der technischen Ausrichtung für die Zukunft. Die Sache erschien ohnehin klar, hatte sich die Auto Union schon zuvor dazu bereit erklärt, den Nachfolger des Personenwagens DKW 3=6 mit einem Vierzylinder-auszurüsten. Doch sofort wollte man nicht auf den 2-Takter verzichten.

 

Ende April 1958 reisten die Daimler-Benz Vorstände Prof. Fritz Nallinger und Wilhelm Künkele nach Düsseldorf, um mit der weiteren Koordination zu beginnen. Im August 1958 übernahmen dann Hanns-Martin Schleyer und Oberingenieur Arthur Mischke die Leitung der Verbindungsstelle zwischen Daimler-Benz und Auto Union. Und am 21. Dezember 1959 vereinbarte der Stuttgarter Konzern, die restlichen Anteile des Konzerns aus Ingolstadt zum 31. Dezember 1959 zu übernehmen. Damit wurde die Auto Union eine 100-prozentige Daimler-Benz-Tochtergesellschaft.

 

Während Düsseldorf als Leitwerk für die Daimler Transporter aufgebaut wurde, sollte die Produktion der Auto Union in Ingolstadt modernisiert werden. Der Finanzbedarf dafür war erheblich: Zwischen 1959 und 1964 wurden mehr als 340 Millionen D-Mark investiert, dazu kam dann noch der Erlös aus dem Verkauf des Werks Düsseldorf an Daimler-Benz. Die Auto Union-Entwicklung kam nur langsam voran. Deshalb schickten die Stuttgarter am 8. Oktober 1963 einen der besten Ingenieure direkt nach Ingolstadt: Ludwig Kraus, Leiter der Konstruktion der Mercedes-Benz-Vorentwicklung. Der Ingenieur genoss quasi einen Heimvorteil, Schule und Abitur erfolgten in Ingolstadt. Dazu noch ein Team hochengagierter junger Techniker sowie sondern ein fast fertig entwickelten Vierzylinder-Motor mit der internen Bezeichnung M 118 (Codename: Mexico). Die hohe Verdichtung (1:11,2) und die intensive Gemischverwirbelung durch schneckenförmige Ansaugkanäle führten zum guten Treibstoffverbrauch.

 

Als so genannter Mitteldruckmotor hatte dieser Mercedes-Motor 1965 im neuen Auto Union-Typ Audi große Premiere, der intern auch als F 103 bezeichnet wird. Das Fahrzeug war der erste Pkw der Auto Union mit 4-Takter nach dem II. Weltkrieg, zugleich das erste Modell der Marke Audi.

 

Auch die weitere Fahrzeugentwicklung der Auto Union und ihrer Marke Audi trug zunächst die Handschrift von Mercedes-Benz, denn Ludwig Kraus blieb als Direktor in Ingolstadt, als Daimler zum 1. Januar 1965 die Aktienmehrheit der Auto Union an den VW-Konzern verkaufte. Ab 1966 war das Unternehmen dann eine 100-prozentige VW-Tochter. (ampnet/TX)