Von wegen Pony.




Wenn man es nicht besser wüsste, würde man es kaum glauben: Da baut Ford ein halbes Jahrhundert lang eine Automobilikone, doch offiziell wurde der Mustang in Europa nie angeboten. Es blieb freien Importeuren vorbehalten, das Modell über den Atlantik her zu holen. Seit einiger Zeit kann der US-Sportwagen nun auch hierzulande offiziell gekauft werden.

 

Die Kölner Ford-Werke müssen die Konzernmutter in Dearborn bereits um eine Aufstockung der Kapazitäten bitten, um die generelle Nachfrage befriedigen zu können.

 

Mit unverwechselbaren Scheinwerfern blickt der Mustang auf die Straße. Schon bei der ersten Begegnung fällt auf: Hier hat es die Autowelt längst nicht mehr, wie beim ersten und namensgebenden Mustang, mit einem Pony-Car zu tun, sondern mit einem mächtigen Modell aus dem „Think big“-Land. Immerhin misst der Mustang knapp 4,80 Meter in der Länge. Und der Motor? Es sind zwar keine 6,2 Liter Hubraum oder ähnlich hohe Werte, aber 5,0 Liter können sich im Zeitalter des Downsizings natürlich immer noch sehen lassen, erst recht bei einem V8-Aggregat. So sehen es auch die meisten deutschen Käufer und geben bei der Bestellung dem größeren Motor klar den Vorzug vor dem alternativen Vierzylinder.

 

Äußerlich hält sich der Mustang dazu eher bedeckt. An der Flanke weist lediglich ein „5.0“ auf den Motor hin, das Heck ziert ein riesiges „GT“-Emblem. Weder hier noch dort findet sich das pflaumenförmige Logo von Ford, erst recht nicht an der sonst üblichen Stelle am Kühlergrill. Hier ist das Mustang-Zeichen!

 

Der mächtige Motor schiebt den Mustang ebenso voran, der allein schon beim Gangeinlegen und Loslassen der Bremse die Muskeln anspannt und beim kleinsten Druck aufs Gaspedal aufbrüllt. Die souveräne Kraft von 421 PS und 530 Nm bringt das Auto schnell auf Tempo und ehe sich der Fahrer versieht ist er schon lässig jenseits der 150 km/h. Hubraum ist und bleibt trotz aller modernen Motorentechnik eben durch nichts zu ersetzen. Die 6-Stufen-Automatik, deren Performance sich durch den S-Modus noch steigern lässt, reagiert auch in der Standardeinstellung sehr schnell auf Gasbefehle. Es ist primär der forsche Antritt in Verbindung mit dem betörenden Klang, der die Faszination Mustang ausmacht. Die standfesten Brembo-Bremsen flößen außerdem vollstes Vertrauen ein.

 

5 Fahrmodi lassen sich beim Mustang abrufen, die die Parameter für Lenkung, Gasannahme, Schaltzeitpunkte und ESP-Sensibilität spürbar beeinflussen: Normal, Sport, Sport plus und Rennstrecke sowie noch Schnee/Nässe. Doch es muss nicht immer nur schnell sein. Souveränes Cruisen beherrscht der mittlerweile meistverkaufte Sportwagen der Welt ebenso. Das zügelt auch ein wenig den Durst des wilden Pferdes, der sich während unserer Testfahrt zwischen 11,9 und 16,6 Litern pro 100 Kilometer bewegte und damit streckenweise leicht unter dem offiziellen Ford Normverbrauch.

 

Die nicht gerade kleinen Außenspiegel sitzen ungewöhnlich weit hinten, so dass der Blick immer an einem Teil der wuchtigen Kotflügel klebt. Die sind zwar nett anzusehen, aber praktischer wäre es schon gewesen, die Spiegel etwas weiter nach vorn zu rücken. Auch nicht ganz so optimal sind die sich schräg nach vorne vertiefende Lenkradspeichen, da die Bedientasten dadurch nicht sonderlich gut erreichbar sind. Aber wen stört das schon? Hier geht es um eine Automobilikone, und die darf sich die eine oder andere Kleinigkeit mehr dann doch eben herausnehmen. Die optionalen Recaro-Sportsitze können nur manuell verstellt werden und lassen auch eine Easy-Entry-Funktion vermissen. Aber Platz ist auf den beiden hinteren Sitzchen ohnehin kaum. Es mangelt vor allem an Höhe. Immerhin sind die Lehnen zur Vergrößerung des Kofferraums gut umklappbar. Das Gepäckabteil an sich ist hier überraschend geräumig.

 

Die Cockpit- und Ambientebeleuchtung lässt sich in reichlich Farbtönen einstellen, im „My Colour“-Modus sogar mit ganz individueller Note. Und 3 Farbszenarien können zudem für schnellen Abruf gespeichert werden. Wer im Dunkeln die Tür öffnet, dem wird das Mustang-Zeichen auf den Asphalt oder Bordstein geworfen. Eine Augenweide die Wippschalter in der Mittelkonsole für die Lenkungseinstellungen, die Modi, das ESP und auch den Warnblinker.

 

Der Ford Mustang ist zu recht eine Ikone und hat sich seine Faszination über fast ein halbes Jahrhundert bis heute bewahrt. Kein Retro-Mobil wie viele andere, sondern der Mustang ist absolut authentisch geblieben. Noch Fragen? Die Antwort lautet: 43.000 Euro als Handschalter. (ampnet/TX)