Wer ist der „wahre“ GTI?




In den über 40 Jahren seiner Existenz hat der Golf GTI eine erstaunliche Karriere hingelegt: Vom ehemaligen Möchtegern-Renner zur Ikone und zum Kultobjekt, sonnt sich der gereifte 5-Türer im Glanz der Familie. Ja, es gibt Nachkommen, auch Polo und Up! ziert inzwischen das magische Kürzel. Doch welcher davon ist der „wahre“ GTI?

 

Nicht einmal der Golf selbst kann mehr als Unikum gelten, seit VW durch den Zusatz „Performance“ 15 PS mehr Leistung zu den Kunden und gut 2.525 Euro Mehreinnahmen in die Firmenkasse bringt. Die Hierarchie in der Familien-Bande ist jedoch eindeutig. Mit 200 PS reiht sich der Polo artig hinter dem Rudelführer ein. Da der Lupo GTI schon im Krabbelalter aus dem Leben schied, gehört die Rolle des Nesthäkchens dem Up!, in dessen Inneren jede Kurbelwellen-Umdrehung den drohenden Ausruf „Wenn ich mal groß bin…“ dauerhaft abzusondern scheint...

 

Dieses Statement wäre nicht allein nur ob der 3,60 Meter Fahrzeuglänge angebracht, sondern erst recht wegen der adoleszenten Frechheiten, die sich ungestraft nur ein noch nicht Erwachsener herausnehmen darf. Mit 115 PS ist die Distanz zu den Brüdern groß, eine Herausforderung wäre ein schlechter Scherz. Dennoch macht der Dreizylinder ganz mächtig auf dicke Hose, drückt man etwa das Gaspedal an.

 

Der Golf bezieht sein Selbstbewusstsein aus der Präsenz von sieben Generationen, die in der aktuellen Ausbaustufe ab 230 PS bereitstellt. Das genügt, um überzeugend voran zu stürmen, aber auch lässig den Abstand zu Wettbewerbern zu wahren. Nur was geschieht, wenn ein Primus lange nicht ernsthaft herausgefordert wird? Er neigt dazu, sich auf seinen Lorbeeren auszuruhen und setzt mitunter etwas deutlicheren Hüftspeck an. Die satte und gut saturierte Anmutung des ausgewogen durchkomponierten Segmentführers will deshalb nicht mehr recht zum ungestümen Image des jungen Wilden von damals passen.

 

Bliebe der Polo GTI. Dieser führt heute in etwa die Maße eines Golf der dritten Generation, hat gleichzeitig aber 200 PS, die es mit rund 1.300 kg Fahrzeuggewicht zu tun haben. Der Vierzylinder kommt schon bei 1.500 Touren auf sein Drehmoment-Maximum von 350 Nm, was genau dem Golf-Wert entspricht und der fühlbaren Agilität sehr zugute kommt. Ein herzhafter Klang begleitet die gradlinige Leistungsentfaltung. Auch wenn Puristen sich solch einen Sportler nur mit Handschalter vorstellen, ist das Doppelkupplungsgetriebe doch die bessere Wahl. (ampnet/TX)